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Anhänger der Muslimbrüder feiern auf dem Tahrir-Platz in Kairo den Wahlsieg von Mohammed Mursi.

© reuters

Ägyptens neuer Präsident Mursi: Machtkampf ohne Ende

Es ist ein historischer Moment und ein Zeichen für einen Neuanfang: Erstmals in der jüngeren Geschichte Ägyptens wurde mit Mohammed Mursi ein Zivilist an die Spitze des Staates gewählt. Dennoch wird am Nil keine Ruhe einkehren.

Es ist ein historischer Moment und ein Zeichen für einen Neuanfang. Erstmals in der jüngeren Geschichte Ägyptens wurde mit Mohammed Mursi ein Zivilist an die Spitze des Staates gewählt. Ein Muslimbruder tritt nun die Nachfolge Hosni Mubaraks an, also ein Vertreter jener politischen Gruppe, die offiziell bis zum Sturz des alten Regimes verboten, wenn auch geduldet war. Deutlicher könnte ein Neuanfang nicht illustriert werden – nachdem in den vergangenen Tagen der Eindruck entstanden war, dass das Militär nach seinem Gutdünken die Uhren zurückstellen will. Vor dem Schritt, seinem Lieblingskandidaten Ahmed Schafik, dem Vertreter des alten Regimes, durch grobe Manipulation doch noch zum Sieg zu verhelfen, ist das Militär zurückgeschreckt. Auch das ist positiv nach dem sanften Coup der Militärs der vergangenen Woche.

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Dennoch wird in Ägypten keine Ruhe einkehren. Denn nun hat das Land zwar wieder eine gewählte Institution – aber die Kompetenzen des Präsidenten bleiben unklar. Mursi wird jetzt den Kampf aufnehmen gegen das Militär, das sich gesetzgebende Kompetenzen angeeignet hat und das Recht, die verfassungsgebende Versammlung sowie den Verteidigungsminister zu bestimmen. Wenn Mursi klug ist, sucht er sich in diesem Kampf Verbündete – säkulare und linke Parteien, Vertreter der Jungrevolutionäre, Frauen. Sie sollten in der Regierung vertreten sein.

Damit könnte Mursi nicht nur auf eine breite Allianz im Ringen mit dem Obersten Militärrat bauen. Er könnte zeigen, das die Muslimbrüder dazugelernt haben: Im nun aufgelösten Parlament haben sie ebenso autoritär und kompromisslos agiert wie vor ihnen die Mubarak-Leute. Sie haben ihre absolute Macht gnadenlos ausgenutzt, nach dem simplen Verständnis von Demokratie: Wer die Mehrheit hat, darf allein bestimmen. Und wenn die Furcht vor einem Muslimbruder dazu führt, dass in der neuen Verfassung die Rechte des Parlaments gegenüber dem Präsidenten gestärkt werden, hätte die Wahl Mursis indirekt echte Reformen eingeleitet. Der Machtkampf geht in die nächste Runde.

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