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Afghanistan: "Anleitung für die Taliban"

Der dänische Elitesoldat Thomas Rathsack hat ein Buch über seine Einsätze im Irak und in Afghanistan geschrieben. DIe Armee wollte die Veröffentlichung verbieten. Jetzt wurde der Soldat suspendiert.

Dänisches Militär und Regierung toben über so viel Ungehorsam und fahren überraschend schwere Geschütze in einem weiteren, sonderbaren Konflikt über die Pressefreiheit im Königreich auf. Der Grund: Am Mittwoch hatte die Zeitung „Politiken“ den vollständigen Erlebnisroman eines dänischen Elitesoldaten über dessen Einsätze im Irak und in Afghanistan veröffentlicht. Dies genau einen Tag vor einem Gerichtstermin, bei dem die Armee den Verlag „Peoples Press“ an einer Veröffentlichung des selbigen Materials hindern wollte.

Die betont linksliberale Zeitung veröffentlichte aus Trotz. Die Armee dürfe nicht entscheiden, was im pressefreiheitlichen Dänemark veröffentlicht werde. Nun erwartet man eigentlich unangenehme Enthüllungen über dänische Soldaten. Überraschenderweise folgt nichts dergleichen. Sondern was folgt, ist eine völlig unkritische Soldaten-Huldigung mit dem illustren Titel „Jäger – im Krieg mit der Elite“, garniert mit Stilblüten wie „Mikkel schiebt langsam seine Hand Richtung Auslösemechanismus seiner Granate“: So berichtet der Schriftsteller Thomas Rathsack über brenzlige Situationen, die er mit seinen Jäger-Kameraden stets ausgezeichnet meistert.

In einer anderen Szene saust der Elitesoldat mit über 200 Stundenkilometern durch die irakische Wüste, dann wiederum geht es darum, dass Rathsack mit seinen Kameraden den ausländischen Agenten „Eric“ beschützen soll und sie sich dabei wie Afghanen verkleiden, mit dunklen Vollbärten und brauner Gesichtsfarbe. Während linksintellektuelle Dänen die Erzählung mit Befremden in ihrer Stammzeitung lasen, tobte Militärchef Sloth Jörgensen, das ganze sei eine „Gebrauchsanleitung für die Taliban“ und gefährde die nationale Sicherheit sowie dänische Soldaten im Ausland. Also zeigte er „Politiken“ bei der Polizei an und schickte einen Bittbrief an alle Landesmedien, nicht zu einer weiteren Verbreitung des Materials beizutragen.

Der Soldat selbst wurde suspendiert und weigert sich auszusagen. Das ist klug. Denn ihn könnten bei einer Mitschuld Bußgelder und schlimmstenfalls bis zu acht Jahre Gefängnis erwarten. Auch die Zeitung gerät zunehmend unter Druck. Laut Umfrage verurteilen 54 Prozent aller Dänen die Veröffentlichung, 27 Prozent finden sie richtig, 19 Prozent haben bislang keine Meinung. Die Zeitung weist wohl auch deshalb darauf hin, dass eine Internetseite namens „Wiki Leaks“ den gesamten Inhalt der Heldenerzählung am selben Tag wie sie selbst veröffentlicht hat.

Dort steht der Text noch immer, aber dass sich Taliban in ihren Gebirgshöhlen nun die Gebrauchsanweisung aus Kopenhagen zu Gemüte führen, sei unwahrscheinlich, meinen unabhängige Sicherheitsexperten. 

Andre Anwar

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