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Afghanistan: Mehr Mut zur Entschlossenheit

Endlich, möchte man stoßseufzen; erleichtert, weil der wichtigste Akteur am Hindukusch ein Einsehen hat: Der Friedensnobelpreisträger im Amt des US-Präsidenten springt über den Schatten seiner eigenen Ankündigungen und belässt die US-Truppen länger in Afghanistan. Andere Nationen werden ihm folgen.

Von Michael Schmidt

Endlich, möchte man stoßseufzen; erleichtert, weil der wichtigste Akteur am Hindukusch ein Einsehen hat: Der Friedensnobelpreisträger im Amt des US-Präsidenten springt über den Schatten seiner eigenen Ankündigungen und belässt die US-Truppen länger in Afghanistan. Andere Nationen werden ihm folgen. Und das ist gut so.

Der Schritt ist richtig. Er ist überfällig. Längst wirkt die katastrophale Entwicklung des Irak nach dem Abzug der US-Kampftruppen 2011 wie ein abschreckendes Beispiel: Bloß keine Wiederholung eines solchen, fast kopflosen Rückzugs. Der jüngst fast widerstandslose Fall von Kundus an die Taliban tat sein Übriges, um den Meinungsschwenk der Verantwortlichen im Weißen Haus zu beschleunigen. Allzu deutlich wurde, dass die afghanischen Sicherheitskräfte mitnichten in der Lage sind, aus eigener Kraft für Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Und hinzukommen mag, aus deutscher Sicht nicht unwesentlich, dass eine Folge der allgemeinen Unsicherheit die Flucht von hunderttausenden Afghanen nach Europa ist.

Angesichts dessen ist etwas zu tun sicherlich besser als nichts zu tun.

Aber zur Ehrlichkeit gehört, dass die Verlängerung der Präsenz ein zwar wichtiges Signal ist – wir lassen Euch nicht allein! –, aber auch nicht mehr als das: ein bloßes Signal. Eines, das kaum dazu angetan ist, auch nur das schlechte Gewissen der Truppensteller zu beruhigen, weil sie, für alle Welt sichtbar, ein nicht befriedetes Land verlassen. Ein Signal zudem, das vor Ort, in diesem riesigen, zerrissenen Land für den Lebensalltag der Afghanen kaum einen spürbaren Unterschied machen wird. Oder glaubt irgendjemand, dass 12 000 Soldaten, deren Aufgabe und Daseinszweck allein die Ausbildung und Beratung der afghanischen Polizei und Armee ist, die Sicherheit herstellen können, die 130 000 Nato-Soldaten 2012 nicht zu garantieren imstande waren?

Dazu brauchte es, was es seit Beginn des internationalen Einsatzes vor bald 14 Jahren nicht gibt: einen Plan, eine Strategie. Und statt verzagter Verdruckstheit mehr Mut zur Entschlossenheit. Dafür allerdings gibt es auch nach der heutigen Entscheidung keinerlei Anzeichen.

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