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Alarmierter Innenminister: Warnung vor Terror - So laut wie diffus

Jetzt also auch in Deutschland die ganz große Warnung, dramatisch vorgetragen, aber nach den alltäglichen Gepflogenheiten des Politikbetriebs als Exklusivmeldung nur einer Zeitung freigegeben. Vorhang auf, fast alle Fragen offen.

Zu Alarmismus schien Innenminister Thomas de Maizière bisher nicht zu neigen; eher wurde ihm nachgesagt, er sei etwas zurückhaltend. Falls er also nicht aus reinem Politikerprofilkalkül jetzt andere Töne anschlägt, wofür es keine Hinweise gibt, dann ist das hier wohl ernst zu nehmen: „Die Ereignisse sind für mich Anlass, meine Sorgen erstmals öffentlich zu machen. Ich möchte die Bevölkerung bitten, in ihrem Umfeld wachsam zu sein und alles, was ihnen verdächtig erscheint, der Polizei zu melden.“

Bereits vor zwei Tagen hatte der Innenminister Journalisten mehrerer Zeitungen, darunter auch des Tagesspiegels, auf eine solche außergewöhnliche Warnung vorbereitet, zugleich aber zur einstweiligen Verschwiegenheit verpflichtet. Den Hintergrund der Warnung bilden direkte und indirekte Hinweise verschiedener Quellen auf unmittelbar bevorstehende Anschläge in den USA und Europa sowie die in der vergangenen Woche entdeckten Paketbomben in Frachtflugzeugen. Das, was auf den ersten Blick eher beruhigend wirkt, ist auf den zweiten das eigentliche Problem: Eine konkrete Spur, sagt der Innenminister, habe man nicht. Die Behörden wissen also offenbar, dass etwas kommt, aber nicht, wer damit kommt und wie. So kommt nun also die Bevölkerung ins Spiel, um deren Wachsamkeit gebeten wird. Aber worauf soll sie achten? Was begründet einen Verdacht? Kann man es noch riskieren zu fliegen? Auf einen Bahnhof zu gehen? Es wagen, sich zum Vorweihnachtsbummel in ein Kaufhaus zu drängeln? Und: Wurden die Leute vielleicht doch bisher in trügerischer Sicherheit gehalten? In anderen Ländern war von den Sorgen der Verantwortlichen deutlich früher zu hören.

Jetzt also auch hier die ganz große Warnung, dramatisch vorgetragen, aber nach den alltäglichen Gepflogenheiten des Politikbetriebs als Exklusivmeldung nur einer Zeitung freigegeben. Vorhang auf, fast alle Fragen offen. Da kann man nur hoffen, dass die Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden nicht so haltlos ist wie die Informationspolitik des Ministers.

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