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Meinung: Allein und nicht zu Haus

Von Axel Vornbäumen

Verteidigungsminister Struck hat am Donnerstag im Bundestag das Städtchen Coesfeld in Schutz genommen – mit herzlichen Grüßen, direkt vom Rednerpult. Nett war das, und so überflüssig wie nur sonst was; gerade so, als sei Coesfeld für die Öffentlichkeit fälschlicherweise zum Synonym geworden für einen, sagen wir: entmenschten Mob, der da im Münsterländischen tobte.

Doch Coesfeld steht für nichts anderes als für einen Schandfleck der Bundeswehr. Auch wenn es, nach allem was man bislang weiß, in seiner menschenverachtenden Dimension ein Einzelfall ist. Hoffentlich aber ist es kein Vorbote für eine sich unter den Bedingungen vermehrter Auslandseinsätze in ihrem Charakter und Selbstverständnis wandelnde Armee. Man weiß es noch nicht, nicht im Ministerium, nicht im Parlament. Will man es überhaupt so genau wissen? Nicht, dass sich dieser Eindruck aufdrängte. Die Kontrolleure unter der Reichstagskuppel – sie wirkten müde. Die Union? Mit deutlicher Beißhemmung, weil das Anprangern soldatischen Fehlverhaltens noch nie zu ihren Lieblingsdisziplinen gehört hat. Die SPD? Ein Armutszeugnis. In Gestalt ihres Abgeordneten Arnold nannte sie Coesfeld einen „ziemlich schlimmen Vorgang“. Ziemlich schlimm – das klingt, als hätten ein paar Pubertierende ins Spülbecken gepinkelt.

Sind da nur die Maßstäbe durcheinander geraten, oder hat man schon die Messinstrumente weggeschmissen? Und es sich bequem gemacht, der Staatsräson wegen? Die Bundeswehr im Ausland – sie hat nämlich, holprig erst, doch zunehmend selbstverständlicher, den außenpolitischen Anspruch der wiedervereinigten Republik flankiert. Das Land heimste viel Lob ein für friedenserhaltenden Einsatz fern der Heimat und machte sich wenig Gedanken, wie es um das innere Gleichgewicht einer Zweiklassenarmee bestellt ist, in der mittlerweile 100 000 Soldaten ihren Beruf nicht nur aus Übungen kennen. Vielleicht, sagte der SPD-Abgeordnete Arnold, „lassen wir die Soldaten im Auslandseinsatz politisch ein bisschen allein“. Vielleicht auch ein bisschen sehr. Ärmer geht’s nicht.

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