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Meinung: Aller schlechten Dinge sind drei Von Frank Jansen

So verblüfft waren Ankläger, Nebenkläger, Verteidiger – und Journalisten – in einem Terrorprozess selten. Sieben Jahre Haft für Mounir al Motassadeq waren nach den vorangegangenen Urteilen kaum zu erwarten.

So verblüfft waren Ankläger, Nebenkläger, Verteidiger – und Journalisten – in einem Terrorprozess selten. Sieben Jahre Haft für Mounir al Motassadeq waren nach den vorangegangenen Urteilen kaum zu erwarten. Da hat der Verteidiger des Marokkaners nicht Unrecht, wenn er moniert, die Justiz habe inzwischen drei Wahrheiten bei den Verfahren zu den Anschlägen vom 11. September 2001 geliefert.

Erst wurde Motassadeq vom Hamburger Oberlandesgericht zu 15 Jahren Haft verurteilt, dann sprach dasselbe Gericht Motassadeqs Landsmann Abdelghani Mzoudi von nahezu gleich lautenden Vorwürfen frei. Kurz darauf hob der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Urteil gegen Motassadeq auf und bestätigte später den Freispruch für Mzoudi. Jetzt aber, wo ein Freispruch für Motassadeq beinahe zwingend erschien, präsentiert das Oberlandesgericht eine Art Kompromissurteil: Der Marokkaner ist schuldig, Mitglied der Terrorgruppe um den Selbstmordpiloten Mohammed Atta gewesen zu sein – doch die Anschläge vom 11. September könne man ihm nicht zurechnen. Wer blickt da noch durch?

Die Justiz hat, so scheint es, in den Fällen Motassadeq und Mzoudi einen Zickzackkurs eingeschlagen. Nach dem Urteil vom Freitag steht zumindest fest, dass sich gleich mehrere Strafsenate in Hamburg und Karlsruhe widersprochen haben. Und es könnte so weitergehen: Motassadeqs Verteidiger werden auf jeden Fall gegen das neue Urteil Revision einlegen. Dann muss wieder der Bundesgerichtshof entscheiden. Wer würde jetzt ausschließen, dass die Karlsruher Richter nicht erneut den Fall nach Hamburg zurückverweisen?

Als der erste Motassadeq-Prozess im Februar 2003 mit einem harten Urteil endete, haben nicht nur Bundesregierung und Sicherheitsbehörden aufgeatmet. Der Rechtsstaat, so hieß es, habe ein beschämendes Versagen kompensiert – dass die Atta-Gruppe von Hamburg aus völlig ungestört ein monströses Verbrechen vorbereiten konnte. Doch das Anti-Terror-Signal des ersten Urteils ist nach den vielen Volten der Justiz nun verblasst. Falls das Hamburger Gericht und die Bundesanwaltschaft hoffen sollten, die Szene der „heiligen Krieger“ werde mit den sieben Jahren Haft für Motassadeq beeindruckt, geben sie sich Illusionen hin. Gleich drei unterschiedliche Urteilssprüche bei der Bewältigung der Anschläge vom 11. September strapazieren die Glaubwürdigkeit der Justiz doch arg.

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