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Meinung: Alles Kapitalisten

Von Stefan Kaiser

Mit dem Thema Investivlohn kann man als Politiker wenig falsch machen. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmenskapital – das klingt einerseits sozialistisch, ist andererseits aber auch ein wirtschaftsliberaler Evergreen. Schon Ludwig Erhard wollte aus Lohnempfängern Kapitalisten machen. Das sollte dem sozialen Frieden dienen und den Arbeitnehmern die Altersvorsorge erleichtern. Passiert ist seitdem allerdings wenig in Deutschland. Obwohl das Thema Investivlohn alle Jahre wieder auf die politische Agenda kommt, ist das Ausmaß, in dem deutsche Firmen ihre Mitarbeiter beteiligen, vergleichsweise gering geblieben. Vor allem, weil Gewerkschaftern, Arbeitgebern und Politikern in den entscheidenden Momenten der Mut fehlte.

Dabei ist es grundsätzlich richtig, Arbeitnehmer stärker am Kapital zu beteiligen. Wer den Erfolg „seiner“ Firma im eigenen Geldbeutel spürt, der ackert im Zweifel mehr dafür und gibt sich mehr Mühe mit dem Kunden. Das kann dem Chef nur recht sein. Dafür sollte er auch bereit sein, bei Lohn und Gehalt ein paar Aktien draufzulegen. Der Arbeitnehmer rückt näher ans Unternehmen und muss sich nicht mehr nur als Lohnempfänger fühlen – schließlich gehört ihm dann ein Teil der Firma. Außerdem können ihm die Unternehmensanteile – in der Regel Aktien – im Alter viel Freude bereiten, weil ihr Wert dann meist gestiegen ist. Hier liegt allerdings auch das Risiko des Investivlohns: Fällt der Kurs der Aktien oder geht die Firma gar pleite, hat der Arbeitnehmer ein schlechtes Geschäft gemacht. Ein Totalverlust, der seine Existenz gefährdet, muss deshalb bei einer Neuregelung vermieden werden. Kleinere Risiken können aber auch die Arbeitnehmer durchaus tragen. Wenn sich Tarifparteien und die große Koalition bei einem Thema so nahe kommen, wie es derzeit der Fall ist, sollte diese Chance nicht vergeben werden.

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