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Meinung: Alles wird gut – unter Vorbehalt

Im 100-Tage-Programm gibt die Union auf kluge Weise Geld aus, das sie nicht hat

Von Peter Siebenmorgen

Deutschland durchlebt schwierige Zeiten. Edmund Stoibers Medien-Guru Michael Spreng hat daraus die Konsequenz gezogen: Das Land brauche einen „ernsten Mann für ernste Zeiten“. Das gilt besonders seit der Flutkatastrophe; denn seither mag niemand mehr bestreiten, dass wir vor großen Problemen stehen. Stoibers Pech ist es indes, dass Deutschland bereits mit Gerhard Schröder einen „ernsten Mann für ernste Zeiten“ hat, wenn man den Meinungsumfragen glauben darf. Je ernster die Zeiten geworden sind – auch beim immer noch wichtigsten Wahlkampfthema Arbeitslosigkeit – desto mehr konnte Gerhard Schröder den Popularitätsabstand zum Herausforderer vergrößern, und neuerdings hat auch die SPD wieder Kopf an Kopf zur Union aufgeschlossen.

Stoibers stärkstes Pfund im Wahlkampf ist das „Kompetenz“-Argument. Doch auch hier können die Spin-Doktoren nicht helfen, wenn der Spitzenmann die Kommunikationsstrategie permanent durchkreuzt. Vor ein paar Tagen war es der Streit um die Finanzierung der Fluthilfen, jetzt ist es die Gefahr eines Irak-Kriegs. Jeden Tag erfährt die Öffentlichkeit, die mit dem Protokollieren gar nicht mehr hinterherkommt, einen neuen Standpunkt des Kandidaten: Was gestern richtig war, ist heute falsch. Und morgen wird mit Sicherheit wieder etwas anderes gelten.

In solchen Wirren tröstet es, dass man mit dem Startprogramm der Union jetzt wenigstens etwas schwarz auf weiß besitzt, was man getrost nach Hause tragen, an das man sich verbindlich halten kann. Denn da steht zu lesen, was Stoiber und die anderen Kompetenten in den ersten Wochen und Monaten nach einer Regierungsübernahme zu tun gedenken. Weil Themen wie Ökologie im Unionskonzept nur randläufiges Allotria bleiben, zum wichtigsten: Stoiber will die Steuern senken, die Arbeitslosigkeit abbauen und überhaupt den Menschen Gutes tun. Seine Logik ist bestechend: Weil die Belastungen für die Wirtschaft zu hoch sind, stottert die Konjunktur. Deshalb gibt es auch zu wenig Arbeitsplätze. Die Reduzierung von Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen wäre also die Lösung. Auch umgekehrt funktioniert diese Logik: Die Staatskassen sind leer und füllen sich erst wieder, wenn es mit der Wirtschaft aufwärts geht. Das brächte Entlastungen auf der Ausgabenseite und gleichzeitig Mehreinnahmen. Prima!

An einigen Stellen ist das Sofortprogramm des Unions-Kanzlerkandidaten hinreichend konkret. So sollen mit den Steuersenkungen schon zum 1. Januar 2003 begonnen werden, so wie einst von der rot-grünen Regierung beschlossen. Die nächste Stufe der Ökosteuer wird umgehend storniert. Ein Jahr später kann es dann mit einer „Großen Steuerreform“ richtig losgehen. Auch Prima!

Natürlich hat der Kandidat im Blick, dass die Neuverschuldung des Staates durch die Umsetzung des Sofortprogramms nicht ins Uferlose wachsen darf. Maastricht steht davor. Also ist alles, was man anpacken will, unter strikten Haushaltsvorbehalt gestellt. Das gilt übrigens nicht nur für Steuersenkungen, sondern auch für Familienleistungen und überhaupt alles, was man zu tun gedenkt. Solide sollen die Staatsfinanzen unter einer unionsgeführten Bundesregierung bleiben. Gleichfalls: Prima!

Dummerweise ist die Lage der öffentlichen Kassen aber dermaßen angespannt, dass es gar keine Spielräume für Mehrausgaben, keine Margen für Mindereinnahmen gibt. Das sagen Stoiber und seine Kompetenten. Hier beißt sich die Katze aber in den Schwanz: Weil die Staatskasse leer ist, können die Belastungen der Wirtschaft nicht reduziert werden, kann die Arbeitslosigkeit also auch nicht abgebaut werden. Darauf einen Dujardin!

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