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Allzeithoch an der Börse: Achterbahnfahrt mit dem Dax

Das Allzeithoch des Dax an der Börse beflügelt die Phantasien der Anleger - immerhin wurde das Niveau von 2007 vor der Finanzkrise wieder erreicht. Und dennoch: Der Höhenflug wird nicht unendlich weitergehen.

Gipfelstürmer reagieren häufig irrational, wenn sie ihr Ziel erreicht haben. Von Triumphgefühlen übermannt, erschöpft nach dem Aufstieg, geben sie sich der Illusion hin, weitere, nie erreichte Gipfel erklimmen zu können. An der Börse ist es wie beim Bergsteigen: Wer oben steht, hält sich für unbezwingbar.

Der historische Höchststand, den der Deutsche Aktienindex am Dienstag erreicht (wenn auch nicht gehalten) hat, ist insofern eine Warnung. Allein aus der Tatsache, dass die 30 wichtigsten deutschen Aktien wieder mehr kosten als im Sommer 2007, lassen sich noch keine künftigen Rekordmarken ableiten. Das sollten Anleger seit Erfindung des Dax vor fast 25 Jahren gelernt haben: Größenwahn und Leichtsinn führen schneller in den Abgrund als auf neue Gipfel.

Es ist eine seltsame Hassliebe, die die Deutschen mit dem Dax und dem Aktienmarkt insgesamt verbindet. Während Amerikaner, Briten oder Skandinavier ein eher entspanntes, weil aus Erfahrung klüger gewordenes Verhältnis zur Börse pflegen, werden wir von Wellen der Erregung geschüttelt. Auf und ab, himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. Aus neun Millionen Aktionären wurden zwischenzeitlich 13 Millionen, heute sind es wieder neun Millionen. Gemessen an der globalen Bedeutung der deutschen Wirtschaft ist das eine bemerkenswert niedrige Zahl.

Erklärbar ist dies nicht nur damit, dass sich der deutsche Durchschnittssparer traditionell auf sein Sparbuch, die Lebensversicherung und einen Bausparvertrag verlässt. Die verkümmerte „Aktienkultur“ ist auch das Resultat einer historischen Achterbahnfahrt: Aus Sparern wurden 1996 Telekom-Volksaktionäre und wenig später Renditejäger am Neuen Markt. Nach dem Platzen der Spekulationsblase stürzten Aktien in ein Tal der Tränen. Der Dax schlug 2003 bei 2200 Punkten auf. Fluchtartig hatten Privatanleger verkauft – wenn noch etwas zum Verkaufen übrig war. Doch vom billigen Geld der US-Notenbank befeuert, schoss der Dax anschließend wieder nach oben: Bis 2007 vervierfachte sich sein Wert beinahe.

2007 – das klingt wie: vor dem Krieg. Denn kaum hatte sich die Börse gefangen, folgte eine Epoche externer Schocks, die selbst größte Börsenpessimisten ausgeschlossen hatten: US-Immobilienkrise, Lehman-Pleite, Banken-, Finanz- und Schuldenkrise.

Und wie geht es weiter? Knapp 8200 Dax-Punkte sind gut begründbar. Besser als in den Jahren 2000 und 2007. Niedrige Zinsen und Anleiherenditen, überteuerte Immobilien, hohe Unternehmensgewinne und Dividenden – all das spricht derzeit für Aktien. Doch die guten Argumente für weiter steigende Aktienkurse sind bekannt, sie werden täglich wiederholt, meist von denen, die daran verdienen. Und von denen, die schon Aktien gekauft haben – und in Kürze mit Gewinn verkaufen wollen. Spätestens, wenn es der Aktien-Hype auf die Titelseite der Boulevard-Medien geschafft hat, sollten Anleger in Alarmbereitschaft sein. Denn so ist es auf der Achterbahn: Wenn am lautesten geschrien wird, geht es bald am steilsten bergab.

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