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Meinung: Am Ende des Doppelspiels

Die mörderischen Anschläge in Saudi-Arabien und Amerikas Kampf gegen Terror

Was für eine seltsame Freundschaft. Die freiheitliche Supermacht USA ist verbündet mit dem größten und wichtigsten konservativ-islamischen Staat, Saudi-Arabien. Ausgerechnet diese beiden. Die fast alles trennt. Bis auf zweierlei: Das gemeinsame Interesse an strategischer Ruhe in der Region, damit der ungestörte Öl-Fluss die Wirtschaft im Westen und das Königshaus in Riad gleichermaßen schmiert. Und die Furcht vor den Radikal-Islamisten. Die als Al Qaida Amerika angreifen und die Herrscher von Riad wegen ihrer Kooperation mit den USA in die Hölle wünschen.

Mitten in diese gefährliche Gemengelage platzen jetzt die Bomben. Dass Colin Powell nicht weit ist, maximiert die Aufmerksamkeit. Dass mehrere Wohnkomplexe von Ausländern gleichzeitig betroffen sind, deutet auf Gruppen aus Osama bin Ladens Netzwerk hin. Sein Geburtsland könnte sich der Terrorfürst also als jenen Ort erkoren haben, an dem der Gewalt-Islamismus nach dem Irak-Krieg sein grausames Werk fortsetzt.

Der Irak ist dabei mehr als nur ein Nachbar. Als Washington seine „smart bombs“ über Bagdad abwarf, fragten viele, wie es denn um die Glaubwürdigkeit der US-Argumentation stehe. Hätte Saudi-Arabien auf der Skala jener Regime, die unterdrücken und foltern, freien Glauben verbieten und Terror unterstützen, nicht einen Ehrenplatz verdient? Mitten auf der Achse des Bösen? Hätte Amerika sich nicht Saudi-Arabien statt den Irak vornehmen müssen, wenn es wirklich um hehre Werte und Rechte geht?

Amerika griff den Irak nicht statt Saudi-Arabien an. Zu einem Gutteil griff Washington Bagdad mit Blick auf Riad an. Der Irak, das war das Machbare. Alle Potentaten ringsum sollten das als einen brutalstmöglichen Warnschuss vor den Bug verstehen. Dies bedeutet nicht, dass Saudi-Arabien das nächste Ziel der Planer im Pentagon war. Es bedeutet aber, dass Saddams Sturz Riad eine drastische Lehre erteilen sollte.

Die Lektion, wo die Grenzen des Tolerierbaren verlaufen – in Sachen Terror-Unterstützung und Freiheitsbeschneidung. Denn Riad versuchte stets das Doppelspiel: Finanzspritzen und Koranschulen für die Radikalen, zwecks Besänftigung der anti-westlichen Ressentiments, und minimale Kooperation mit den USA. Dieses labile Gleichgewicht ist nun gestört worden. Washington ist deutlich von Riad abgerückt; seit dem 11. September gibt es keine Toleranz mehr für Terror; dann kam der Irak. Weg war die strategische Ruhe. Weg sind auch, perspektivisch, die satten Öleinnahmen. Plötzlich ist der amerikanische Irak als künftiger Energielieferant ein unliebsamer Konkurrent für die Saudis.

Jetzt sieht die Welt, wie ein labiles Gleichgewicht kippt. Das Zweckbündnis, das ohnedies so strapaziert war, dass es zu brechen drohte, erlebt einen weiteren Schlag. Amerika zieht doch gerade Truppen aus Saudi-Arabien ab, um den Terroristen ihre Propaganda-Argumente zu nehmen, da melden die sich auf tödliche Weise.

Die Lehre ist bitter für alle. Amerika stößt an die Grenzen der Terrorbekämpfung durch Einschüchterung. Saudi-Arabien bleibt zurück. Ein Regime, zum Abschuss frei. Nicht durch die USA. Durch den Terror. Oder anders herum: Zurück bleibt Riad, jetzt bereit zum Ausmerzen des Terrorismus, da US-Stiefel auf heiligem Boden ihn nicht länger entschuldigen. Riad muss sich entscheiden. Der Druck, das Doppelspiel zu beenden, ist gestern auf dramatische Weise gewachsen.

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