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Meinung: „An Vergangenes müssen wir alle erinnern“

Zumindest bei der nationalistischen Gazette „Nasz Dziennik“ stößt die Berufung von Marek Prawda zu Polens neuem Botschafter in Berlin auf wenig Begeisterung. Dem Mann, der aus dem Umkreis der liberalen Freiheitsunion (UW) entstamme, zähle die Liebe zu Deutschland mehr als die Interessen Polens, argwöhnt das Blatt.

Zumindest bei der nationalistischen Gazette „Nasz Dziennik“ stößt die Berufung von Marek Prawda zu Polens neuem Botschafter in Berlin auf wenig Begeisterung. Dem Mann, der aus dem Umkreis der liberalen Freiheitsunion (UW) entstamme, zähle die Liebe zu Deutschland mehr als die Interessen Polens, argwöhnt das Blatt. Bereits als Gesandter in Deutschland habe sich Prawda mehr mit „jüdischen Problemen“ befasst als um die Angelegenheiten der Polen gekümmert.

So ein Tadel kann Polens neuen Mann in Berlin nur adeln. Mit Prawda entsendet Warschaus rechtsnationale Regierung tatsächlich einen relativ liberalen und mit seinem Gastland gut vertrauten Diplomaten ins Nachbarland. Zu DDR-Zeiten hatte der heute 49-Jährige sein Wirtschaftsstudium an der Universität Leipzig abgeschlossen. Als Quereinsteiger von der ersten Solidarnosc-Regierung für den diplomatischen Dienst angeheuert, arbeitete der zweifache Familienvater von 1992 bis 1998 bereits als Gesandter an Polens damals noch in Köln residierenden Botschaft in Deutschland. Außer Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch spricht Prawda fließend Schwedisch: Von 2001 bis 2005 war er Polens Botschafter in Stockholm.

Dass Warschau den seit einem Monat vakanten Posten endlich besetzt hat, ist auch aus deutscher Sicht eine gute Nachricht. Denn ausgerechnet zur deutsch-polnischen Eiszeit hat Warschau zuletzt mehr und mehr Gesprächskanäle versiegen lassen. Das Amt der im Mai abgetretenen Deutschlandbeauftragten Irena Lipowicz ist seit über drei Monaten unbesetzt. Undeutlich bleibt, ob Premier Jaroslaw Kaczynski überhaupt eine Neuberufung plant. Das von Präsident Lech Kaczynski im Juli abgesagte trinationale Treffen des Weimarer Dreiecks erwägt Warschau nun gar ins nächste Jahr zu verschieben. Und die Reise zum 15-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft mit Berlin ließ Warschaus kommissarischer Bürgermeister Kazimierz Marcinkiewicz wegen der dortigen Ausstellung des Zentrums gegen Vertreibungen ausfallen.

Gesprächsbedarf gibt es für Prawda in Berlin also genug. An seinem neuen Arbeitsplatz wird er Nachfolger des bei den Warschauer Machthabern in Ungnade gefallenen Andrzej Byrt. Bereits zu Jahresbeginn hatte Warschau die Ablösung des in Berlin sehr erfolgreich arbeitenden Botschafters angekündigt, weil er angeblich zu sozialistischer Zeit Kontakte zum damaligen Geheimdienst unterhalten habe.

Thomas Roser

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