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© Kai-Uwe Heinrich

Gastkommentar: Berlin braucht eine Agenda der Nachhaltigkeit

Wie die Stadt zum Modell für den ökologischen Umbau der Wirtschaft werden kann.

Unsere Stadt ist sexy und reich an Potenzialen, hat IHK-Präsident Eric Schweitzer vor kurzem in dieser Zeitung herausgearbeitet. Recht hat er. Das Prognos-Institut bescheinigt uns nach Hamburg die besten Entwicklungschancen. Wir haben viele Flächen für neue Ideen. Berlin ist Anziehungspunkt für Studenten und Kreative aus aller Welt, die hier etwas schaffen wollen. Berlin ist aber wie kaum eine andere Region dazu verdammt, diese Potenziale zu nutzen. Denn auch das gehört zur deutschen Hauptstadt: Die bundesweit höchste Arbeitslosigkeit, die größte Kinderarmut, die prozentual meisten Transferleistungsempfänger. Laut DIW fehlen 90 000 Industriearbeitsplätze. Das ist kein Schlechtreden unserer Stadt, sondern gehört zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme. Gewiss liegen viele Ursachen in der Teilung Berlins; vor allem, was die unterrepräsentierte Industrie betrifft. Aber dürfen wir uns 20 Jahre nach dem Mauerfall noch dahinter verstecken?

Nein, es bedeutet vielmehr, dass wir unsere Entwicklung energischer verfolgen müssen als andere Städte. Vor allem die „Green Economy“ könnte für Berlin zu einem echten Wachstumsmotor werden. Leichter gesagt als getan, denn das von Siemens-Chef Löscher beschriebene „grüne Wirtschaftswunder“ ist nicht nur für uns attraktiv. Der internationale Wettbewerb in diesem Bereich dürfte enorm werden. Umso wichtiger ist es, dass wir uns frühzeitig um Bereiche bemühen, denen ein großes Zukunftspotenzial bescheinigt wird, und eine Philosophie etablieren, die über den Tag hinausgeht. Unserer materiellen Armut müssen wir Ideen entgegensetzen. Berlin braucht eine Agenda der Nachhaltigkeit. Den Dialog über einen solchen Aufbruch müssen wir mit allen führen: mit Verbänden, Unternehmen, Bürgernetzwerken, Kirchen. Dabei geht es nicht nur um den Beitrag Berlins zu globalen Fragen wie Klimaschutz und Energiesicherung, sondern darum, hier Arbeitsplätze und Wachstum zu erzeugen. Wir müssen auch in Berlin den Mut zu einer „ökologischen industriellen Revolution“ (Horst Köhler) haben. Ein geeigneter Standort dafür wäre der Flughafen Tegel. Das Konzept der Berliner CDU sieht vor, nach der Schließung auf dem Areal einen ökologischen Industriepark zu entwickeln. Ein solches Leuchtturmprojekt könnte, verbunden mit einer Internationalen Bauausstellung für den Industriebau des 21. Jahrhunderts, Maßstäbe für moderne und saubere Fertigung setzen. Produktionsketten in Zukunftsbranchen wie der Elektromobilität könnten an einem Ort konzentriert werden. Berlin als Modellregion für Elektroautos könnte diese Entwicklung durch Fördermaßnahmen unterstützen, z. B. durch kostenfreies Parken in der Innenstadt.

Was wir jetzt brauchen, sind vor allem zwei Dinge: einen stadtweiten Pioniergeist und eine politische Kultur, die nicht auf Verschleiß fährt, wie es an der Verkehrsinfrastruktur und unseren Schulen zu sehen ist, sondern die sich auf eine nachhaltige Entwicklung konzentriert.

Der Autor ist Fraktions- und Landesvorsitzender der Berliner CDU.

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