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Was Frank Henkel auch versucht, an die Beliebtheit und die Umfragewerte von Berlin-Versteher Wowereit kommt er nicht heran.

© dpa

Gastkommentar: Frank Henkels aussichtsloser Kampf

Für Christoph Seils steht ein Verlierer der Berliner Wahlen bereits fest: der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel. Dabei waren die Voraussetzungen für den christdemokratischen Wahlkampf einst gar nicht so schlecht.

In drei Wochen wird in Berlin ein neues Abgeordnetenhaus gewählt und ein Verlierer der Wahl scheint so gut wie festzustehen: der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel. Er müht sich, er kämpft und erklärt unermüdlich, was sich in Berlin ändern muss. Trotzdem scheinen die Christdemokraten auf verlorenem Posten zu stehen. Und wenn es für sie ganz schlecht läuft, dann landen sie in der Wählergunst nicht nur hinter den Grünen auf Platz drei, sondern sie könnten auch ihr miserables Ergebnis von 21,3 Prozent aus dem Jahr 2006 noch einmal unterbieten.

Die Berliner CDU steckt im Dauertief. Sie hat sich von dem Machtverlust in der Hauptstadt vor elf Jahren nie erholt. Um den dramatischen Niedergang der CDU begreifen zu können, lohnt ein Blick auf die absoluten Zahlen. Noch 1999, der letzten Abgeordnetenhauswahl vor dem Bankenskandal, wählten 637.311 Berliner CDU, bei der ersten Wahl nach der Wiedervereinigung der Stadt waren es 1990 sogar 815.382. Jetzt wäre die Partei vermutlich schon froh, wenn sie jene 294.026 Berliner, die vor fünf Jahren das Kreuz bei der CDU gemacht haben, in diesen Tagen erneut mobilisieren könnte.

Dabei waren die Voraussetzungen für den christdemokratischen Wahlkampf gar nicht so schlecht. Rot-rot hat abgewirtschaftet, nach zehn Jahren an der Macht zeigen sich in dem Bündnis deutlich die Verschleißerscheinungen. Vor allem viele bürgerliche Wähler sehnen sich nach einer anderen Landesregierung. Selbst der Amtsinhaber spürt dies. In den letzten Wochen ist Klaus Wowereit deutlich auf Distanz zum Koalitionspartner gegangen. Selbstbewusst spielt er mit den drei Koalitionsoptionen, die sich ihm bei der Senatsbildung bieten könnten.

Allerdings sind viele Berliner auch des Regierenden Bürgermeisters und seines Larifari-Regierungsstils überdrüssig. Wowereits Beliebtheitswerte sind alles andere als überragend. Gleichzeitig tritt die Union im Wahlkampf ungewohnt geschlossen auf, um die Intrigen, die die Partei jahrelang gelähmt haben, ist es ruhig geworden. Insofern präsentiert sich Henkel besser als erwartet.

Trotzdem führt Frank Henkel einen aussichtslosen Kampf und das liegt nicht nur daran, dass der CDU-Spitzenkandidat in der Stadt relativ unbekannt ist und viele Medien vor allem über das Duell zwischen dem Sozialdemokraten Wowereit und der Grünen Renate Künast berichten. Für die absehbare Niederlage der CDU gibt es Gründe.

Bundespolitisch bläst der Hauptstadt-Union derzeit der Wind kräftig ins Gesicht. Auch gegen die chronische Schwäche, die die CDU in allen Großstädten erfasst hat, findet sie kein Rezept. Eine realistische Machtperspektive kann Frank Henkel nicht bieten, die FDP fällt als Mehrheitsbeschaffer aus. Regieren wird die CDU in Berlin nach Lage der Dinge nur als Juniorpartner der SPD. Schneidet die CDU schlechter ab als die Grünen, könnte sie sich auch dort als Juniorpartner ins Gespräch bringen.

Henkel und seine 100 Lösungen für Berlin - lesen Sie mehr auf Seite 2.

Es ist allerdings nicht zu übersehen. Auch landespolitisch läuft der Wahlkampf der Berliner CDU alles andere als rund. „Damit sich was ändert“ steht auf den Plakaten von Frank Henkel. Doch wenn die Wähler konkret erfahren wollen, was sich ändern soll, müssen sie schon ganz genau hinschauen. „100 Lösungen für Berlin“ bietet die CDU in ihrem Wahlprogramm, nur; welcher Wähler liest die schon und auf die Idee, seine Wahlkampfpropaganda für 50 Cent am Zeitungskiosk feilzubieten, muss man erst einmal kommen. Der CDU ist es hingegen nicht gelungen, frühzeitig zwei, drei Themen ins Zentrum des Wahlkampfes zu rücken und Konflikte in der Stadt beispielhaft zuzuspitzen, etwa in der Schul-, Verkehrs- oder der Integrationspolitik. Ihr ist es nicht gelungen, dem inhaltsleeren Wohlfühl-Wahlkampf des Amtsinhabers Wowereit etwas entgegenzusetzen.

Auch Henkel hat stattdessen versucht, sich als weichgezeichneter Kandidat und verständnisvoller Großstadtpolitiker zu präsentieren, der über die klassische Klientel der Partei wählbar ist. Gleichzeitig war er unverkennbar darum bemüht, sein konservatives Hardliner-Image abzustreifen. Deshalb gelingt es ihm nun auch nicht, das Thema Kriminalität in den Mittelpunkt des Wahlkampfes rücken, obwohl die nächtlichen Brandstiftungen und abgefackelten Autos zwei Wochen lang die Schlagzeilen bestimmten. Der Versuch, die Briefbombe, die ihm Autonome zugesandt hatten, politisch zu instrumentalisieren, wirkte dazu eher peinlich.

Hinzu kommt: Henkel steht im Wahlkampf ziemlich alleine da. Neben ihm gibt es keine bekannten und beliebten Landespolitiker, die der Berliner CDU auch in der Breite ein Profil geben könnten. Die Partei ist personell ausgezehrt, besitzt keine anerkannten Sozial-, Bildungs- oder Innenpolitiker. Selbst beim Thema Integration kommt der Hauptstadt-Politiker, der dem rot-roten Senat am lautstärksten widerspricht, nicht aus der CDU. Es ist stattdessen Neuköllns sozialdemokratischer Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky.

Eigentlich hätte sich die CDU in den letzten zehn Jahren aus den Bezirken heraus erneuern müssen. Aber auch aus der Kommunalpolitik bekommen die christdemokratischen Wahlkämpfer in der Hauptstadt keine politische Unterstützung. Die CDU stellt in Berlin zwar drei Bezirksbürgermeister, aber keiner von ihnen ist so profiliert, dass er in die Landespolitik ausstrahlen würde. Keinem CDU-regierten Bezirk ist es gelungen, sich als Gegenmodell zu Rot-Rot oder Rot-Grün herauszustellen. Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf gibt es zwar seit fünf Jahren eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen, die relativ reibungslos funktioniert. Aber als Modell für die Stadt wird diese nicht präsentiert. Im Gegenteil hat es die Union fast fahrlässig versäumt, sich rechtzeitig um die Grünen und eine schwarz-grüne Mehrheit als Gegenmodell zu Rot-Rot zu bemühen. Dass es mit der FDP in Berlin zu einer klassischen bürgerlichen Mehrheit reichen könnte, ist schon seit vielen Jahren eine Illusion.

Kurzum: Der Berliner CDU fehlen nicht nur Inhalte, sondern auch Kompetenz, Personal und Perspektive. Die Berliner glauben nicht, dass sie von einem CDU-regierten Senat besser regiert würden. Warum sollen sie Frank Henkel also wählen?

Der Autor ist Ressortleiter bei Cicero Online.

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