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Super Typ, findet Matthias Kalle: Der neue Trainer von Bayern München, Pep Guardiola.

© Reuters

Kolumne: Ich habe verstanden: Alles super finden ist ein super Prinzip

Erst einmal alles super finden, das ist eigentlich ein super Prinzip, findet unser Kolumnist Matthias Kalle. Und deshalb findet er die Band Prefab Sprout super und den Kinofilm „The Places Beyond the Pines“. Und überhaupt kann man noch viel mehr Dinge super finden, wenn man sich mal die Begleitumstände genauer anschaut.

Eine halbe Millionen Menschen haben sich am Montag angeschaut, wie ein spanischer Fußballübungsleiter als neuer Trainer des FC Bayern München der Presse vorgestellt wurde. Zuvor waren die Sportteile der Tageszeitungen voll von Porträts über Pep Guardiola – und nirgendwo fanden sich so etwas wie Zweifel oder Bedenken oder Kritik. Der Mann, so muss es dem neutralen Beobachter vorkommen, kann Wunderdinge vollbringen.

Das alles stört mich nicht, weil ich Anhänger einer anderen Fußballmannschaft bin. Es stört mich auch nicht, weil ich eine komplett andere Meinung zu Pep Guardiola habe – tatsächlich habe ich zu dem Mann gar keine Meinung. Was mich verstört, ist dieses allumfassende Lob. Das bin ich einfach nicht gewohnt.

Vor kurzem hatte ich das Glück, Roger Willemsen bei einer Blattkritik zu erleben. Der Mann sagte viel Kluges und viel Kritisches und er sagte auch, dass in deutschen Medien das Rühmen nicht gerade eine Paradedisziplin sei. Dauernd werde rumgemeckert. Das könne einem schon ziemlich auf die Nerven gehen. Ich glaube, dass Roger Willemsen recht hat – um so mehr ist man dann irritiert, wenn jemand so gerühmt wird, wie der neue Bayern-Trainer.

Abgesehen davon, dass das natürlich ganz schnell vorbei sein wird, wenn die Mannschaft zweimal hintereinander verliert oder hässlichen Fußball spielt, und dass dann alle das Gegenteil von dem behaupten, was sie zuvor gesagt und geschrieben habe, finde ich das Prinzip gut: erst mal alles super finden. Warum nicht! Macht man ja tatsächlich viel zu selten. Mache ich deshalb auch mal.

Also: Als ich die Meldung las, das da im Internet ein unveröffentlichtes Album der Band Prefab Sprout aufgetaucht ist, habe ich mir alle Platten von denen noch mal angehört und bin mal wieder zu dem Schluss gekommen, dass Paddy McAloon der größte Songschreiber unter der Sonne ist und das sein Lied „A Prisoner oft the Past“ am perfekten Popsong so nah dran ist, wie vielleicht kein anderer. Dann habe ich im Kino den Film „The Places Beyond the Pines“ gesehen und war danach so begeistert, dass ich jedem ungefragt von diesem Film vorgeschwärmt habe.

Lobend erwähnt habe ich in diesem Zusammenhang auch die Oberarme des Hauptdarstellers Ryan Gosling – wie kriegt man die denn so hin? Ich habe mir auch im ZDF ein Fußballspiel im Rahmen des Confed-Cups angeschaut, Bela Rethy hat kommentiert. Und gerade als ich mich aufregen wollte, dachte ich: Nee, komm, das ist ja auch irre schwer, wenn man live reden muss, Millionen hören einem dabei zu, wahrscheinlich ist es auch irre heiß auf der Kommentatorentribüne, dazu der Jet-Lag, der Stress, das Alter – eigentlich macht der Rethy einen tollen Job; wenn man die Begleitumstände mitdenkt.

Überhaupt weiß man ja immer gar nicht, wie schwer es manche so haben. Vielleicht hat Angela Merkel ständig schlimme Kopfschmerzen. Vielleicht läuft es bei den Verantwortlichen für den Berliner Großflughafen privat gar nicht gut. Vielleicht würde bei der Bahn totales Chaos ausbrechen, wenn Bahnchef Grube nicht da wäre. Vielleicht fühlt sich Markus Lanz mit dem Wetten-dass-Konzept nicht wohl und traut sich nicht, dass seinen Vorgesetzten zu sagen, weil er Angst hat, dass sie ihm dann aus Bosheit seine Talkshow wegnehmen.

Kann ja alles sein. Wenn man sich mal überlegt, dass sich ganz viele Menschen bereits am Rande ihrer Möglichkeiten bewegen, dann muss man doch eigentlich sagen: Toll, wie sie das alles hinbekommen.

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