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Grand Theft Auto 4 statt Buddenbrooks? Minecraft statt Tatort? Nahezu ein Drittel der Gesellschaft spielt, doch die Welt der Computergames wird immer noch als Nische für Nerds geringgeschätzt. Wie stehen Sie zum Computerspielen? Diskutieren Sie mit!

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Leser-Debatte: Ist das Computerspiel ein Kulturgut?

Grand Theft Auto 4 statt Buddenbrooks? Minecraft statt Tatort? Nahezu ein Drittel der Gesellschaft spielt, doch die Welt der Computergames wird immer noch als Nische für Nerds geringgeschätzt. Wie stehen Sie zum Computerspielen? Diskutieren Sie mit!

„Sind Computerspiele die Romane des 21. Jahrhunderts?“ Unter dieser Fragestellung wurde im „Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft“ die gegenwärtige Stellung des Computerspiels in unserer Kultur diskutiert.

Christian Schiffer, Herausgeber des Spiele-Magazins WASD, Jörg Friedric, Designer der deutschen Spielefirma Yager, Michael Liebe, Projektleiter der Deutschen Gamestage, sowie Christian Huberts, Kulturwissenschaftler für Game Studies, erörterten die gegenwärtige und künftige gesellschaftliche, ökonomische und künstlerische Bedeutung des Computerspiels. (Die ganze Diskussion, moderiert von Marlis Schaum, ist am Samstag, den 3. August, um 11 Uhr auf DeutschlandRadio Wissen zu hören.)

Unbestreitbar ist die wirtschaftliche Bedeutung – der Markt für Computerspiele boomt. Die gesellschaftliche Akzeptanz jedoch vollzieht sich nur schleppend.  Noch immer gelten Gamer als bemitleidenswerte Nerds, die Stunden und Tage in abgedunkelten Räumen verbringen, ohne soziale Kontakte, dafür mit potentiellem Hang zum Amokläufer. Doch dies ist nichts als ein Klischee. Mittlerweile spielt etwa ein Drittel der Gesellschaft am Computer, nicht nur gelangweilte Jugendliche, sondern auch gestandene Familienväter, zunehmend auch Mädchen und Frauen, und es geht nicht nur um wie Egoshooter wie Counterstrike, sondern ebenso um Strategiespiele, Serious Games oder, ganz banal, um Puzzlespiele wie Tetris, die längst auch auf dem Handy gezockt werden. Woher dann der soziale Makel? „Wer von euch ohne Sünde ist,“ so heißt es in der Bibel, „der werfe den ersten Stein!“

Jede neue Kulturschöpfung hat anfangs mit Widerständen zu kämpfen. Das Lesen von Romanen galt im 18. Jahrhundert als Laster der Dienstboten, das dringend unterbunden werden sollte. Die Fotografie wurde als Tod der Malerei, das Fernsehen als Tod des Kinos verunglimpft und entsprechend gering geschätzt. In diesem Sinne könnte man auch die Computergames als „Neuland“ sehen, das erst wenige Pioniere gewagt haben zu betreten. Einigen gefällt es so gut, dass sie das ganze Wochenende dort bleiben, andere gehen nach einer Weile ins Café, treffen offline Freunde, lesen ein Buch.

Für die Emphase, das Mitleiden, das wir in Romanen oder Filmen für die Figuren empfinden, bleibt beim Computerspiel allerdings keine Zeit. Hier muss der Spieler auf die angebotenen Reize antworten, er muss agieren, will es ja auch, darin besteht eben der große Vorzug des Games. Der Spieler ist auch ein Schöpfer des Spiels und seiner Welt.

Wer nicht selbst spielt, der nimmt nur die Oberfläche wahr, die grandiosen Graphiken und den bombastischen Ballersound. Die Praxis des Spielens aber bleibt ihm verschlossen, ähnlich wie einem Analphabeten, der ein Buch in der Hand hält, jedoch die Sätze nicht lesen kann und deshalb nichts ahnt von der inneren Welt eines Romans. Dies ist auch eine Generationsfrage. Wer nicht mit Computergames sozialisiert ist, der versteht ihren spezifischen Reiz nicht und ist eher geneigt, sie als Teufelswerk abzutun.

Wie steht es nun mit Ihnen, liebe Leser? Halten Sie die Computerspiele für weiteres Zeichen des kulturellen Niedergangs oder für eine interessante Kulturtechnik, die uns Spielräume eröffnen kann? Können Sie von einer bereits langjährigen Gamer-Karriere berichten oder spielen Sie, wenn überhaupt, nur Mensch-ärgere-dich-nicht oder Schach? Weiter gefragt: Was erwarten Sie von einer Gesellschaft, die zunehmend spielt?

Diskutieren Sie mit! Nutzen Sie dazu die Kommentarfunktion am Ende des Artikels.

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