zum Hauptinhalt
Das Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel.

© AFP

Anhalter Bahnhof: Parzinger, Herrgottsakra!

Fantasiemangel, Faulheit, Bürokratismus: Unser Kolumnist Peter von Becker ärgert sich über wenig Bewegung in Berlins Kulturangebot.

Wo sonst oft gähnende Ruhe herrscht: Besucherscharen! Am Wochenende standen die Neugierigen Schlange, um die schöne Schinkel-Ausstellung im Berliner Kulturforum zu sehen. Auch gestern wieder, mitten in der Woche, gleich am Morgen ein richtiger Auflauf. Schulklassen, sogar die Jüngsten. Lauter Rotznasen, aber schon Schinkel. Frühes 19. Jahrhundert, Preußens und Berlins uralte geistige Glorie.

Draußen ist’s kalt und grau und dunkelt früh. Da locken die Museen mit ihren leuchtenden Visionen dieser und anderer Welten. Nur gleich nebenan, im selben Haus mit Schinkel, Eintritt von derselben Halle, dort ist’s fast menschenleer. Es lockt und lockt doch leider nicht: Berlins und Deutschlands Weltmuseum, die Gemäldegalerie der Alten Meister. Sie bleibt in ihrem innen wunderbaren, aber von außen fast unsichtbaren Haus verborgen für alle, die sie in und an der städtebaulichen Halbwüste namens Kulturforum nicht vermuten. Oder nicht finden. Noch immer irren dort Kulturtouristen aus aller Welt umher und suchen kein abstraktes „Forum“. Sondern Botticelli, Dürer, Rembrandt, Velázquez, Watteau. Ist das nicht irre?

Jetzt haben wir in allen Zeitungen, auf allen Schirmen und Kanälen die größte denkbare Diskussion um just diese Gemäldegalerie und ihre Zukunft gehabt. Ob sie an die Museumsinsel umziehen soll oder nicht. Doch in der Gegenwart tut sich nichts. Tut die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, tun die Staatlichen Museen – nichts. Nichts, was an der vermaledeiten, tausendmal beklagten Situation am Kulturforum hier und jetzt das Mindeste ändern würde. Und seien es nur: ein paar neue Hinweise, Plakate, wechselnde Bilder (die tollsten Motive und Verführungen hat man ja in der eigenen Sammlung!). Raum hierfür, leeren Stadtraum gäb’s dabei im Überfluss, von der Neuen Nationalgalerie bis zur Philharmonie und dem Potsdamer Platz. Wie das dort geht, das zeigt demnächst wieder die Berlinale mit ihren wirkungsvollen Werbetafeln.

Von Neubauten und Museums-Rochaden zu träumen, ist schön und wird vielleicht einmal gut. Darüber die Gegenwart zu vergessen, beweist indes: Faulheit, Bürokratismus, Fantasiemangel. Hermann Parzinger, der Präsident der Preußenstiftung, ist ein kluger Mann und ein gestandener Bayer. Das größte Plakatwort überm Eingang des Kulturforums lautet: „Eingang“. Ein Witz? Kein Witz. Und bis heute gibt es in der Gemäldegalerie, die ein internationaler Magnet sein soll, nicht mal eine englische Übersetzung der Bildtitel. Parzinger, Herrgottsakra!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false