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Antwort auf Niggemeier: "Eine Unterstellung zur Kräftigung seiner Polemik"

Der Journalist Stefan Niggemeier wirft in seinem "Bildblog" dem Tagesspiegel vor, falsch über den Verzicht der BBC auf die zeitliche Einordnung "vor Christus"/"nach Christus" berichtet zu haben. Unser Korrespondent Matthias Thibaut nimmt Stellung.

Der Bildblog-Eintrag tut zwar so, als sei er ein Ausbund an objektiver Berichterstattung, hat aber doch auch seine propagandistischen Aspekte und zielt wohl vor allem darauf, mir eine intolerante und antimuslimische Gesinnung zu unterstellen.

Ich erinnere daran, dass ich in dem Bericht im Tagesspiegel nicht nur eindeutig die "Daily Mail" als Quelle der Berichte und folgenden Proteste nenne, sondern auch hinzufüge: Die BBC selbst betont, es gebe keinen Erlass von oben – jede Redaktion könne selbst entscheiden. Aber Mitarbeiter wurden nachdrücklich daran erinnert, was für ein multiethnisches Publikum angemessener sei.

Dass Niggemeier das unterschlägt und behauptet, ich hätte der Mail "unbesehen geglaubt" , ist also eine Unterstellung zur Kräftigung seiner Polemik.

Sei’s drum. Worum es in meinem Artikel wirklich ging, der ja auf der Medienseite erschien, ist der Protest in den englischen Medien und die wachsende Meinung - vor allem bei Konservativen - dass die BBC, trotz des ungeheuren Einflusses, den sie hat, das britische Meinungsspektrum nicht angemessen spiegelt. Deshalb werden als Quellen unter anderem Boris Johnson und Melanie Phillips zitiert, aber auch vergangene Kontroversen: Unter anderem nannte ich (in dem Artikel gestrichen), die Ernennung eines Muslims zum Chef des Religionsprogramms und den Einfluss der BBC auf die de facto Abschaffung der wegen ihrer Klassen- und Regionalvorurteile verpönten Standardaussprache (im abgedruckten Text ebenfalls gestrichen) und auch die Kontroverse um das Halskreuz der Nachrichtensprecherin Fiona Bruce.

Mache ich mich nun, aus Gesinnung und/oder journalistischer Faulheit, zum "Handlanger" einer "Fanatikerin" wie Melanie Phillips? Richtig ist, dass auch ich der Meinung bin, dass sich hinter den Diktaten der politischen Korrektheit eine Asymmetrie der Toleranz verbirgt – und dieser Vorwurf wird meines Erachtens mit guten Gründen gegen die BBC erhoben.

Der Hinweis auf Kreuz und Kopftuch ist ein Beispiel. Seit dem berühmten Urteil im Rechtsstreit Nadia Eweida gegen British Airways ist wohl bekannt, das Kreuze in England als Teil von "Neutralitäts"- oder auch nur "Uniform"-Richtlinien verboten werden können, nicht aber Kopftücher, die sozusagen Teil der muslimischen Identität sind.

Was immer Herr Niggemeier davon weiß, ich habe die schöne Fiona Bruce, die ich sehr bewundere, schon lange nicht mehr mit Kreuz gesehen. Aber ich halte es wirklich nur für eine Frage der Zeit, bis als Beispiel erfolgreicher Integration eine muslimische Nachrichtensprecherin im britischen TV mit Kopftuch auftreten wird – so wie seinerzeit der erste schwarze Nachrichtensprecher Trevor McDonald in England eine Barriere durchbrach.

Wenn wir, als Gegenleistung für diesen Integrationsakt, in der BBC und anderswo, dann wieder, so wie die längst selbstverständlichen Witze und Lästerungen über Jesus und die Bibel, in der BBC auch wieder Späße oder gar Kritik über Mohammed und den Koran hören dürften, hätte ich persönlich nicht einmal etwas dagegen. Im Gegenteil, für mich wäre die jetzt fehlende Symmetrie in den Debatten wieder hergestellt. Dann wäre das nicht der „Untergang des Abendlandes“, sondern die Erfüllung der Versprechen von Toleranz der Kritik, die den unverzichtbaren Kern unserer Kultur ausmachen.

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