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Anett Haskia

© privat

Araberin tritt in Israel für die Nationalisten an: „Ich bin stolze Zionistin“

Sie ist Muslimin und wohnt in einem Kibbuz - und bei den Neuwahlen in Israel kandidiert Anett Haskia für eine rechte Siedler-Partei. Ein Porträt

Es sind Slogans, wie man sie von israelischen Hardlinern kennt: „Wir brauchen keinen palästinensischen Staat. Ich unterstütze den Siedlungsbau.“ Wenn aber Anett Haskia diese Sätze sagt, dann ist das selbst in der turbulenten israelischen Politik eine kleine Sensation. Denn Haskia, 45, ist muslimische Araberin.

Derzeit sagt Haskia diese Sätze oft. Sie ist auf Wahlkampf-Tour. Am 17. März wird ein neues Parlament gewählt und Haskia kandidiert für einen Platz auf der Liste der Partei „Jüdisches Haus“. Sie hätte sich keine unwahrscheinlichere Partei aussuchen können. „Jüdisches Haus“ ist die brachialste Gruppierung am rechten Rand, beliebt bei religiös-nationalistischen Siedlern. Der Vorsitzende Naftali Bennett fordert, einen Großteil des Westjordanlands einfach zu annektieren. Laut Umfragen könnte die Partei zur drittstärksten Kraft aufsteigen.

An der israelischen Kultur schätzt sie die Freiheit

Anett Haskia hat in den vergangenen Wochen viel Zeit darauf verwendet, darauf eine Antwort zu liefern – in Ansprachen, Interviews und ihren Social-Media-Kanälen. Einen Satz wiederholt sie öfter als alle anderen, vielleicht, weil er so schwer zu glauben ist: „Ich bin stolze Zionistin.“ Auf Facebook schreibt sie: „Ich unterstütze das ‚Jüdische Haus’, weil es zionistischer ist als alle anderen Parteien.“

Anett Haskia lebt sie in einem jüdischen Kibbuz, sie ist geschieden und arbeitet als Friseurin. Sie habe immer davon geträumt, Ärztin zu werden, sagte sie in einem ihrer Interviews, doch ihr Vater verbot ihr das Studium. Bis heute habe sie ihm das nicht verziehen. An der israelischen Kultur schätze sie vor allem eins: „Die Freiheit. Niemand sagt mir, was ich zu tun habe.“

Arabische Abgeordnete werfen Haskia vor, sich den Nationalisten aus purem Geltungsdrang anzudienen. Doch sie hat den denkbar stärksten Beweis geliefert dafür, dass sie ihren Patriotismus ernst meint: Ihre drei Kinder dienen in der israelischen Armee, freiwillig. Dabei sind Muslime in Israel vom Wehrdienst befreit. Bei ihren Auftritten klatscht das jüdische Publikum am lautesten, wenn Haskia in fließendem Hebräisch ruft: „Ich bin stolze Mutter von drei israelischen Soldaten.“

Sie träumt von voller Integration

Auf Facebook gratuliert sie zum jüdischen Neujahrsfest und lädt Fotos hoch, auf denen sie die israelische Fahne schwenkt. Es sind Signale an die Mehrheitsgesellschaft: Ich bin auf eurer Seite. Manchmal jedoch scheint sie zu zweifeln, ob es genügt. Manche Israelis, klagte sie einmal, hielten alle Muslime für Terroristen. „Jeden Tag muss ich beweisen, dass ich eine gute Araberin bin.“ Teile der Gesellschaft, in die sie hineindrängt, misstrauen ihr; Teile der Gesellschaft, aus der sie stammt – Israels arabische Minderheit, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht – halten sie für eine Verräterin. Haskia jedoch sagt, mit ihrem politischen Engagement helfe sie auch den Arabern. Ihr Argument: Erst wenn Israels Araber den Traum von einem eigenen Staat aufgeben und sich vollends in die Gesellschaft integrieren, Wehrdienst inklusive, könnten sie gleichberechtigte Bürger sein. Zugleich appelliert sie an die Regierung: „Dreht uns nicht den Rücken zu! Wir wollen in der Armee dienen, als israelische Staatsbürger, ohne Unterschied in Religion und Rasse.“

Anett Haskia träumt von einem Staat, dessen Einwohner sich nicht mehr als „Juden“ und „Araber“ identifizieren, sondern in erster Linie als israelische Bürger. In einem solchen Staat müsste sie selbst sich nicht mehr für ihre Herkunft erklären. Sie könnte eine Israelin unter Israelis sein.

Doch selbst wenn es ihr gelingt, auf einem der vorderen Listenplätze ins Parlament einzuziehen, bleibt fraglich, ob „Jüdisches Haus“ die passende Plattform für ihren Traum ist. In der Prinzipienerklärung der Partei heißt es: „Wir wollen die jüdische Natur des Staates stärken, und wir werden gegen diejenigen kämpfen, die versuchen, aus Israel einen Staat der ‚Staatsbürger’ zu machen.“

Mareike Enghusen

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