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Abgestempelt: Fehlt es der Ausländerbehörde an Willkommenskultur?

© Imago

Asyl und Flüchtlinge: Die falsche Abschottung der Deutschen

Der neue Gesetzentwurf von Thomas de Maizière zeigt: Das Ziel der deutschen Asylpolitik ist es, Menschen draußen zu halten. Konzepte von „wir“ und „die“ schotten aber nicht nur nach außen ab, sondern gefährden auch das friedliche Zusammenleben in Deutschland selbst.

Drei Schritte vor und zwei zurück können einen Menschen nach vorn bringen. Die Fortbewegung vieler behindert diese Schrittfolge aber, weshalb die berühmte Springprozession im luxemburgischen Echternach schon vor Jahrzehnten den massenweisen Schritt zurück verboten hat. Die deutsche Migrationspolitik freilich scheint resistent gegen „best practice“ und folgt dem Volksmund auch da, wo der irrt. Jüngstes Beispiel: ein Gesetzentwurf aus dem Innenministerium, der einerseits gut integrierten abgelehnten Asylbewerbern, den „Geduldeten“, ein Dauerbleiberecht in Deutschland verschafft, andererseits die Möglichkeiten massiv erweitert, neu ankommende Asylbewerber einzusperren.

Nun haben aber Flüchtlinge oft gute Gründe, ihre Herkunft zu verschweigen, sich zu verstecken oder nicht die Wahrheit über ihre Fluchtwege zu sagen. Die meisten haben die deutsche und EU-Asylpolitik selbst geschaffen, und Menschen mit Haft zu bedrohen, weil sie ihr Land verlassen (mussten), ist ohnehin ein Stück aus Absurdistan. Der Protest gegen das „Inhaftierungsprogramm“, wie Pro Asyl das Ganze nennt, ist daher richtig.

Die Begründung von Minister Thomas de Maizière berührt aber ein tieferes Problem. Der Minister lobte die Mischung – Haft für die einen, Hilfe für die anderen – und sprach von einem „ausgewogenen Paket“. Nur das eine garantiere, dass auch das andere akzeptiert werde – gemeint wohl: von der deutschen Mehrheitsbevölkerung.

Klingt plausibel, funktioniert aber nicht, und für Anschauungsunterricht muss niemand nach Echternach pilgern. Die Flüchtlings- und Migrationspolitik schnürt seit je solche ausgewogenen Pakete und reproduziert dabei immer und immer wieder das Bild des bedrohlichen „Fremden“, den es draußen zu halten gilt. Nur ausnahmsweise, wenn er oder sie denn seine Harmlosigkeit für Deutschlands öffentliche Ordnung zweifelsfrei erwiesen hat, wird ihm oder ihr ein Spalt weit die Tür geöffnet. Was nichts am Grundsatz ändert.

Dieser Grundsatz bedroht aber auch die, dies es geschafft haben oder die, die immer schon Inländer waren, aber nicht aussehen wie Deutsche im (uralten) Bilderbuch. Die zunehmenden Prozesse gegen „racial profiling“ – gezielte Polizeikontrollen wegen äußerer Merkmale – haben in letzter Zeit zum Glück Schlaglichter darauf geworfen, dass solche Konzepte von „wir“ und „die“, „Gut“ und „Gefährlich“ nicht nur nach außen abschotten, sondern auch das friedliche Zusammenleben in Deutschland selbst und die Lebenschancen einer wachsenden Zahl von Bürgern bedrohen. Dass Migration immer noch in den Innenministerien ressortiert, die einem irrigen „Sicherheits“-Begriff verpflichtet sind, statt in denen für Soziales, ist da ein Zeichen von eigener Gewalt.

Es war dennoch nicht wenig, was sich in den vergangenen Jahren getan hat, trotz – oder vielleicht wegen – teils brutaler Migrationsdebatten, die vielen Betroffenen Wunden geschlagen haben. Das Wichtigste bleibt: Die Köpfe auszulüften und zu begreifen, dass nicht nur Prozessionen am besten nach vorn kommen, wenn sie keine Rückschritte machen. Machen wir doch endlich einmal einen nach dem anderen vorwärts.

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