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Auf dem nördlichen Oranienplatz geht der Protest vorerst ohne Zelt weiter.

© Kai-Uwe Heinrich

Asylbewerber am Oranienplatz: "Die Behandlung der Flüchtlinge war menschenunwürdig"

Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg haben sich in Sachen Oranienplatz selbst gelobt. Unsere Autorin dagegen meint, dass die grüne Mehrheit im Bezirk für die menschenunwürdigste Flüchtlingsbehandlung der vergangenen 30 Jahre verantwortlich war.

Nach der Räumung des Oranienplatzes kam sofort der Rollrasen und die große grüne Fläche sah aus wie ein Gartenwerbefoto. Wie weggeblasen schien das Drama der vergangenen 18 Monate. Doch das täuscht: Mag das unmenschliche Behausungselend vieler afrikanischer Flüchtlinge auf dem Platz nun zu Ende sein, ihr persönlicher Kampf um einen Status und eine Perspektive beginnt gerade erst. Vor der Räumung waren sie ja nur eine namenlose Protestmasse. Jetzt haben sie wieder eine Identität, können selbst als Personen handeln und behandelt werden. Auch dieses Menschenrecht haben sie sich vorübergehend abhandeln lassen von den Unterstützern für haltlose Versprechungen auf ein Bleiberecht.

Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg loben sich dennoch selbst in einer Presseerklärung für ihren Kampf um eine „menschenwürdige Asylpolitik“. Es sind nichts als Spruchbandparolen. Was wir von der Bezirksregierung und der grünen Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung gesehen haben im Fall des Flüchtlingslagers auf dem Platz und in der Gerhart-Hauptmann-Schule, das war und ist die menschenunwürdigste Flüchtlingsbehandlung, die es in Berlin gab während der vergangenen 30 Jahre. Der Wettlauf der Flüchtlinge in die Unterkünfte Residenzstraße und Gürtelstraße hat das deutlich gezeigt. Es war eine selbstbestimmte, freiwillige Flucht vom Oranienplatz zurück in zivilisierte Lebensverhältnisse.

Nun werden die schon namentlich bekannten Flüchtlinge von der Stadt versorgt mit Unterkunft und Unterhalt. Bald wird die Ausländerbehörde ihre Aufenthaltsanträge prüfen. Versprochen sind auch Deutschkurse, Zugang zu Berufsausbildung, Studium und Arbeitsmarkt. Eine enorme sozialpolitische und finanzielle Anstrengung Berlins, von der die etwa 12000 in Berlin untergebrachten sonstigen Asylsuchenden bisher nur träumen können. Gerecht ist das nicht. Aber politisch gerechtfertigt? Lassen wir das offen. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug, den Arbeitsmarkt für alle Asylsuchenden zu öffnen. Ein Bleiberecht für jeden Flüchtling kann es nicht geben, aber die Erlaubnis, im Prüfverfahren finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, ist ein absolutes Muss. Hier dem Bund Beine zu machen, dazu ist der Senat jetzt erst recht in der Pflicht.

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