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Asylsuchende haben ein Recht auf Klarheit und rasche Hilfe.

© dpa

Asylverfahren in Deutschland: Schutzbedürftige müssen Vorrang haben

Asylantragsteller vom Balkan und aus Syrien werden gleich behandelt – das ist ungerecht. Denjenigen, die vor Krieg, Verfolgung und Hunger fliehen, muss zu allererst geholfen werden, meint Malte Lehming. Das bisweilen langwierige Verfahren muss schneller und effizienter werden.

In einer idealen Welt wird in Behörden rund um die Uhr gearbeitet, auch an Wochenenden. Von der Steuer über den neuen Pass bis zum Asylantrag: Alles geht ruckzuck. Doch in der realen Welt sind Mittel und Ressourcen knapp, Mitarbeiter überarbeitet, die Vorgänge stapeln sich. Für die Betroffenen ist das ärgerlich, für die mit Steuermitteln finanzierte Behörde ergibt sich daraus die Pflicht, Verfahrensabläufe zu straffen und immer wieder nach Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung zu suchen.

Das Bundesinnenministerium plant, die fünf Balkanländer Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien künftig als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen. Dadurch sollen die in aller Regel aussichtslosen Asylanträge von Menschen aus dieser Region rascher bearbeitet und ihr Aufenthalt schneller beendet werden können. Die Anerkennungsquote für diese Flüchtlinge liegt zwischen 0,0 und 0,1 Prozent. Dennoch stammen rund ein Drittel aller Asylantragsteller von dort. Das aber hat wenig mit Verfolgung und Diskriminierung zu tun, sondern ist eine unmittelbare Folge der Aufhebung der Visumspflicht für die fünf Staaten in den Jahren 2009 und 2010.

Lange Dauer, zunehmende Belastung

Anfang Februar bereits hatte Innenminister Thomas de Maizière beklagt, dass die ohnehin stark steigenden Zahlen von Asylbewerbern überwiegend aus Serbien, Mazedonien und Albanien kämen: „Menschen aus diesen Ländern werden nicht politisch verfolgt, ihre Asylanträge müssen rasch und klar beschieden werden.“ Allein 2013 sind mit 127.000 Menschen mehr Asylbewerber nach Deutschland gekommen als in den Jahren 2006 bis 2009 zusammen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das eine Steigerung von 64 Prozent, bei den Erstanträgen von 70 Prozent. Zwar wurde die Zahl der Mitarbeiter in den entsprechenden Abteilungen seit 2009 mehr als verdoppelt – unterstützt durch Beamte der Bundespolizei –, dennoch dauert die durchschnittliche Bearbeitung der Anträge acht Monate, manchmal mehr als ein Jahr. Viele Städte und Gemeinden klagen über die zunehmende Belastung.

Es ist grotesk: In den ersten beiden Monaten dieses Jahres kamen mehr Asylantragsteller aus Serbien als aus Syrien. Doch die Leidtragenden des jetzigen Systems der Gleichbehandlung sind eindeutig jene Menschen, die wirklich vor Krieg, Verfolgung, Folter und Hunger fliehen. Um ihretwillen ist es höchste Zeit, die fünf Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD sind zwar nur Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien vorgesehen, aber die Ergänzung um Albanien und Montenegro ist sinnvoll. Darin eine unzulässige Aufweichung des Vertrags zu sehen, wie es einige Sozialdemokraten jetzt tun, ist angesichts der Dynamik ein formal zwar richtiger Einwand, der aber an der humanitären Handlungsnotwendigkeit völlig vorbeigeht.

Wer Not leidenden Syrern, die nach Deutschland kommen, rascher und effizienter helfen will, muss das System rascher und effizienter machen. In einer idealen Welt geschieht das durch eine unbegrenzte Aufstockung des Personals, in einer realen Welt durch ein höheres Maß an Klarheit darüber, wer wirklich schutzbedürftig ist.

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