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Atom 1: Billig, sauber, tödlich

Der großen Koalition geht so langsam das Kühlwasser aus, wenn es auch noch nicht zur Kernschmelze kommt. Aber der bizarre Atomstreit zeigt, dass Union und SPD ihr gemeinsames Werk am liebsten möglichst schnell abschalten möchten.

Vom „Ausstieg aus dem Ausstieg“ spricht der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, womit er ein Kernprojekt von Rot-Grün attackiert: den Atomkonsens. Man interpretiert gewiss nicht zu viel hinein, wenn man dahinter auch den Wunsch nach neuen Atomkraftwerken erkennt. Warum sonst hätte der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vergangene Woche bei der Vorstellung des Umweltprogramms seiner Partei erklärt, „Kernkraft ist für die CDU Öko-Energie“? Da will man doch mehr davon, oder?

Ja, da kann die CDU sich noch so sehr ums Ergrünen bemühen, ihr Humor bleibt eben schwarz. Dazu passt, dass der Weltmarktführer Toshiba gerade ankündigte, in den nächsten zwölf Jahren 65 Atomanlagen zu bauen – überall, nur nicht in Deutschland? Und obendrein ködert die Union die kostengestressten Deutschen damit, dass die Energieunternehmen bestimmt die Preise senken würden, wenn sie denn mehr vom ach so sauberen Atomstrom produzieren dürften. Glaube und Hoffnung – ein Kernbestandteil der christdemokratischen Partei.

Umweltminister Sigmar Gabriel dagegen möchte am liebsten eine Zusatzsteuer auf Atomstrom erheben, lästert über Sicherheitspannen und belebt die Geschichte vom raffgierigen Unternehmer, der niemals, wie von der Union verkündet, den Verbrauchern etwas zurückgeben werde. Darauf verlassen sollte man sich in der Tat ebenso wenig wie auf die Beteuerungen, dass die Atomkraft sicher sei und eine beruhigende Lösung der Atommüllfrage schon noch gefunden werde. Dies treibt auch den Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Friedbert Pflüger um, der noch vor kurzem erklärte: „Wer glaubt, die Kernkraft ist die Lösung, der verpasst den Übergang ins Zeitalter der regenerativen Energien.“ In der Union wird Pflüger mit solchen Parolen zum Störfall. Das darf er gerne bleiben, zumindest, um die naive Atomeuphorie ein wenig zu bremsen.

Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt haben übrigens gerade bei einer Computersimulation festgestellt, dass Uran deutlich leichter und schneller als bisher gedacht so angereichert werden kann, dass es zum Bau einer Atombombe zu gebrauchen ist. Vorwärts mit Atomenergie zur „Bewahrung der Schöpfung“, wie die Union verkündet? Wer’s glaubt.

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