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Das historische Shake-Hands: Die Atomverhandlungen mit dem Iran erzielten am frühen Sonntagmorgen einen Durchbruch.

© dpa

Atomvertrag mit Iran: Frieden – in der Ferne so nah

Die Absprache mit dem Iran ist die beste Nachricht seit Jahren in dem blockierten Beziehungsgeflecht zwischen dem Westen und Teheran. Eine Chance auf dauerhaften Frieden ist das jedoch noch nicht.

Und nun also Frieden? Noch nicht ganz. Die Absprache mit dem Iran ist freilich die beste Nachricht seit Jahren in dem blockierten Beziehungsgeflecht zwischen dem Westen und dem Mullah-Regime. Sie misstrauen einander, wünschen sich den Untergang und haben sich doch zusammengesetzt, um die destruktive Dynamik, die über kurz oder lang zu Krieg geführt hätte, zu unterbrechen. Diese Einigung ist nicht der abschließende Durchbruch; der war angesichts der Vorgeschichte nicht zu erwarten. Sie öffnet den Weg, auf dem in den nächsten Monaten der große Kompromiss möglich wird: Der Iran gibt die Komponenten zum Bau einer Atombombe auf. Im Gegenzug fallen die Sanktionen.

Das Ziel des Atomvertrags ist klar

Wenn das Ziel so klar ist, warum unterzeichnen die „5 plus 1“ und Iran nicht gleich dieses Schlussabkommen? Weil alle vermeiden wollen, dass sie betrogen werden. Amerikaner, Europäer und Israeli glauben, der Iran verhandle nur, weil die Sanktionen greifen. Die Ölverkäufe sind seit 2011 auf die Hälfte gesunken; wegen des Boykotts iranischer Banken sind auch andere Geschäfte eng begrenzt. Der Iran wiederum möchte seine vielfältigen Atomanlagen in Arak, Fordo, Natanz und anderswo nur öffnen und seine Nuklearkapazitäten unter Aufsicht reduzieren, wenn parallel das Wirtschaftsembargo schwindet. Bei Abfolge und Zeitplan muss also erst passend gemacht werden, was eigentlich nicht zusammenpasst.

Israel nennt Deal mit Iran historischen Fehler

Zudem sitzen in Genf keine in sich geschlossenen Lager beisammen. Auf beiden Seiten gibt es interne Meinungsverschiedenheiten, was im Detail nötig und was überhaupt verhandelbar ist. Zwischen den USA und Israel tun sich Gräben auf. Israel nennt den Deal einen historischen Fehler, sieht sich nicht daran gebunden, beharrt auf Maximalforderungen: gar keine Urananreicherung, Abbau der Zentrifugen sowie des Plutoniumreaktors in Arak. Teheran will jedoch sein Recht auf Urananreicherung für friedliche Zwecke, das ihm der Atomsperrvertrag garantiert, nicht aufgeben. Die USA zeigen dafür Verständnis, Israel nicht. Druck üben auch die Araber aus, voran die Saudis. Ihre Feindschaft mit den Persern sitzt tief, auch sie sind gegen dieses Abkommen. Das wird gerne übersehen. Als die USA nachzugeben begannen, setzten sie auf Frankreich, das vor 14 Tagen in Genf Fortschritte verhinderte.

Iran soll Urananreicherung stoppen

Die Ängste und Widerstände lassen sich nur Zug um Zug überwinden. Als Einstieg soll der Iran die Urananreicherung und die Arbeiten am Plutoniumreaktor stoppen. Die USA würden eingefrorene Konten mit iranischen Ölerlösen im Wert mehrerer Milliarden Dollar freigeben und, zum Beispiel, Bauteile für Autos liefern, die im Iran zusammengesetzt werden. Dadurch entstehen Arbeitsplätze, die Versorgung verbessert sich; umso akzeptabler wird der Kompromisskurs.

Obama braucht Beweise für den Rückbau der Atomanlagen

Chance und Scheitern liegen nun eng beieinander. Risiken drohen, weil die jeweiligen Zugeständnisse weit entfernt sind davon, was die Unterhändler bräuchten, um die Gegner im eigenen Lager vom Sinn der Annäherung zu überzeugen. Die USA möchten die erfolgreichen Druckmittel Ölembargo und Bankenboykott nicht zu früh aufgeben. Das ist verständlich. Es kann die Iraner aber auch zum Abbruch der Gespräche treiben. Umgekehrt benötigt Präsident Obama Belege für den Rückbau und nicht nur den Stopp des Atomprogramms, sonst torpediert der US-Senat das Abkommen. Immerhin, der Anfang ist gemacht. In den nächsten Monaten müssen noch viele über ihre Schatten springen, ehe dieser Frieden eine Chance auf Dauer hat.

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