zum Hauptinhalt

Attentat von Arizona: Perfide Tat, schnelle Urteile

Unmittelbar nach dem Attentat von Arizona wurde die konservativ-radikale Rhetorik der Tea-Party-Bewegung um Sarah Palin mitverantwortlich gemacht. Doch was den Täter tatsächlich motivierte, weiß bislang allenfalls er allein.

Zu den Lieblingsbüchern des mutmaßlichen Attentäters, der im US-Bundesstaat Arizona sechs Menschen ermordete und der demokratischen Kongressabgeordneten Gabrielle Giffords durch den Kopf schoss, gehören Adolf Hitlers „Mein Kampf“ und das „Kommunistische Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels. Im „Kommunistischen Manifest“ von 1848 steht: „Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung.“ Sind Marx und Engels auch noch für dieses Verbrechen verantwortlich?

Eine solche Annahme wäre absurd. Was den Täter motivierte, ob er durchgeknallt war, politisch links oder rechts stand, weiß bislang allenfalls er allein. Der 22-Jährige galt als labil, hatte eine kriminelle Vergangenheit. Sein prominentestes Opfer war Jüdin, moderat, streitbar, trat vehement für das Recht auf Waffenbesitz ein. Aus all diesen Informationen lässt sich noch nichts Erklärendes ableiten. Wer es dennoch tut, verfolgt in der Regel eine Agenda.

So kommt es, dass bereits unmittelbar nach der Tat die konservativ-radikale Rhetorik der Tea-Party-Bewegung um Sarah Palin mitverantwortlich gemacht wurde. Diese Bewegung hätte ein „Mekka des Hasses und der Vorurteile“ produziert, hätte polarisiert und Wahlbezirke von missliebigen Abgeordneten mit Fadenkreuzen markiert. Nun wird in den USA traditionell mit härteren Bandagen Politik gemacht als etwa in Europa. Zuspitzung, Polemik, üble Nachrede: Keiner schont keinen. Das wirkt einerseits extrem, bisweilen gar menschenverachtend, andererseits sind die Amerikaner stolz auf ihre Meinungsfreiheit. Kaum einer wird daher nun ernsthaft fordern, dass die Schärfe einer Kritik sich künftig daran orientieren muss, ob sie von labilen, kriminellen oder geistig gestörten Menschen als Aufruf zur Gewalt missverstanden werden kann. Wer das Recht auf das Zeichnen von Mohammed-Karikaturen verteidigt, sollte im eigenen Land nicht plötzlich überempfindlich werden.

Um so wichtiger ist, dass alle Verantwortlichen ein solches Verbrechen verurteilen. Genau das geschah – von der Obama-Administration über die oppositionellen Republikaner bis hin zu Sarah Palin. Raum für Missverständnisse ließ niemand.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false