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Meinung: Auch nur ein Land

Was Clements Umzug nach Berlin für NRW bedeutet

Von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn es die Reaktionen der CDU und der CSU sind, die zählen, dann muss Gerhard Schröder mit der Personalie Clement etwas richtig gemacht haben. Die Opposition sieht darin das Eingeständnis der Bundesregierung, in ihrer Arbeitsmarktpolitik gescheitert zu sein. Genau deshalb gibt es ja nun Wolfgang Clement. Dass der künftige Superminister für Arbeit und Wirtschaft als Ministerpräsident in seinem Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, gescheitert sei, hätte vor der Wahl nicht einmal Edmund Stoiber behauptet. Dafür schätzt er ihn zu sehr. Und wer Lothar Späth gehört hat, den Stoiber zum Clement gemacht hätte, der wird Schröder beglückwünschen.

Clement kommt gerne. Seit 1999 ist er im Amt – und nun hat er doch nur den Übergang gestaltet. Und den Umzug in ein neues, gläsernes, modernes Ministerpräsidentenbüro. Eine Ära ist es nicht geworden, der Strukturwandel an Rhein und Ruhr wird am Ende seiner Dienstzeit noch lange nicht beendet sein. Pleiten sind an der Tagesordnung, neue Ansiedlungen von Medienfirmen in Oberhausen oder Köln auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss.

Aber NRW ist auf dem Weg, immerhin. Der Himmel über der Ruhr ist blauer geworden. Peer Steinbrück, der jetzt als Nachfolger im Gespräch ist, ähnelt Clement denn auch in einer Hinsicht, die nützlich sein kann: Er ist ein Typ Manager, kein Volkstribun, mehr Technokrat als Sozialdemokrat. Einer, der sich in das Wort Effizienz hüllen kann wie in einen grauen Anzug. Wird er es, geht es weiter wie bisher: Einer führt die Geschäfte, der andere, Harald Schartau, die Partei. Und, sozialdemokratisch, das Ministerium für Arbeit und Soziales. Clement käme das sicher im neuen Amt zupass – im industriereichsten Bundesland arbeitet er dann wie gewohnt mit demselben Mann Hand in Hand.

Aber gleichviel, ob es Steinbrück wird oder Fritz Behrens, der Innenminister oder ein anderer, in NRW beginnt der Übergang jetzt richtig. Die Auseinandersetzung um den besten Weg in die Moderne wird wieder offener, auch offener für die Opposition. Denn eine überragende Führungsfigur ist – noch – nicht wieder zu sehen. Eine Unwägbarkeit, die aber die Auswahl Clements nicht verhindert hat. Sie zeigt, wie viel Schröder Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu dem, was er sonst vorhat, wert ist: Es ist auch nur ein Land. Mag die große Sozialdemokratie in NRW suchen müssen, Bundeswohl geht vor, beim Land wie in der Partei. Da hat gerade die NRW-SPD ihren Teil zu leisten, überproportional. Und mehr noch, die Genossen müssen Clement hergeben, weil nur mit ihm Platz geschaffen werden kann für weitere Veränderungen in Zuschnitt und Zusammensetzung des Kabinetts. Kurt Bodewig als Bundesverkehrsminister? Kaum zu glauben. Schröder muss etwas richtig gemacht haben, nun muss es Clement richtig machen. Für den Bund und nebenbei für sein altes Land. Damit er als sozialdemokratischer Erhard endet.

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