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Auf den Punkt: Sigmar Gabriels Mut

Malte Lehming über sone und solche Sozialdemokraten

Ein Wunder ist geschehen. Diese Meldung läuft gerade über den Ticker:

Für seinen „Mut zu Veränderungen, aber auch Mut zu Widerspruch“ hat die Bundes-SPD den ehemaligen Finanzsenator von Berlin, Thilo Sarrazin (SPD), mit dem Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2010 ausgezeichnet. SPD-Chef Sigmar Gabriel wies am Montag bei der Preisverleihung an Sarrazin, der heute Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank ist, darauf hin, dass dies ein politischer Preis sei. Kriterium sei, ob jemand Anstöße zu politischen Reformen gebe. „Da passt Thilo Sarrazin perfekt rein.“ Er sei engagiert, gehe auf die Menschen zu, spreche eine klare Sprache, packe Probleme an und sei unbeugsam gegenüber Autoritäten. „Thilo Sarrazin ist ein Berliner Sozialdemokrat, auf den wir stolz sind.“ An dieser Meldung ist alles richtig, bis auf eine Kleinigkeit: Statt Thilo Sarrazin muss es Heinz Buschkowsky heißen. Jawoll, der Preis wurde an den Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln verliehen, nicht an den ehemaligen Finanzsenator. Aber warum eigentlich? Beide bezeichnen sich als Anhänger von Helmut Schmidt, beide bekommen viel Zustimmung aus dem Volk, beide werden von Genossen angefeindet. Überwiegen da nicht die Gemeinsamkeiten? Machen wir mal den Test. Wer steht für folgende Zitate und Thesen: „Multikulti ist gescheitert.“ - „Man muss nicht verschweigen, dass 80 Prozent der Straftäter in Neukölln Migranten sind und 85 Prozent der Opfer Deutsche.“ - „Die Gutmenschen warten, denen werde ich zum Fraß vorgeworfen.“ - Gegenüber „Störerfamilien“ müsse es eine Mischung aus Prävention und Repression geben. - Türkischsprachige Werbeplakate in Berlin seien integrationsfeindlich, denn „ich finde, im öffentlichen Raum sollte man sich in der Landessprache Deutsch präsentieren“. All das stammt allein und ausschließlich von Buschkowsky, der als einer der ersten die mit der Einwanderung von Muslimen verbundenen Probleme wie Zwangsheirat, Ehrenmorde, Jugendkriminalität und Straßenbanden ins Zentrum seiner Politik gestellt hat. Weil er weiß, wovon er spricht, gilt er nicht nur als authentisch, sondern lässt etwa auch einen Teil der Schulen in seinem Bezirk von privaten Wachschützern überwachen. Würde Gabriel wirklich „Mut zu Widerspruch“ würdigen, das Sprechen einer „klaren Sprache“, die „Unbeugsamkeit gegenüber Autoritäten“, dann könnte er selbst ein wenig mehr Mut beweisen, indem er nicht den Anschein erweckt, zwischen Sarrazin und Buschkowsky lägen Welten. Sollte der Bundes-SPD-Chef irgendwann diesen Mut aufbringen, werden wir nicht länger zögern und folgenden Satz in Großbuchstaben schreiben: „Sigmar Gabriel ist ein deutscher Sozialdemokrat, auf den wir stolz sind.“

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