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Jost Müller-Neuhof

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Deal statt Strafprozess

Jost Müller-Neuhof über den Fall Zumwinkel

Wer anderen Menschen einen Aufenthalt im Gefängnis wünscht, sollte wissen, was er tut. Schön ist es da nicht, ganz abgesehen von der Unfreiheit: Die Gesichter, die Geräusche und, pardon, der Geruch. Also mag man es dem früheren Postchef Klaus Zumwinkel gönnen, dass ihm Haft wohl erspart bleibt. Sie hätte ihn nicht gebessert. Zumwinkel ist einer, der das Pech hatte, erwischt zu werden. Reue, Einsicht, Umkehr zeigen, das wäre ein feiner Zug, vielleicht hebt er ihn sich für seine Verhandlung auf. Aber tief in sich drin wird er denken: Ich habe doch auch nur gemacht, was alle machen.

Damit hat er bedauerlicherweise Recht. Steuerhinterziehung ist Massenkriminalität, wie Versicherungsbetrug. Das Opfer, glauben die Täter, hat nicht besonders zu leiden und es irgendwie auch nicht besser verdient. Angesichts solcher Motive sind "Deals", die Abreden der Prozessbeteiligten, mit denen Angeklagte bei einem Geständnis um den Knast herumkommen, nicht immer hilfreich. Justizministerin Brigitte Zypries will demnächst einen Entwurf vorlegen, der Deals zum Gesetz macht. Doch das wichtige Wort in dieser Sache hat zuvor schon der Bundesgerichtshof gesprochen: Ab einer Million Euro hinterzogener Steuern kommt Haftverschonung nicht mehr in Frage. Damit ist den Deals eine Grenze gesetzt.

Nur weil Deals zum Alltag gerade in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen gehören, bedeutet das nicht, jede Skepsis fahren zu lassen. Ein Strafprozess ist dazu da, die Wahrheit zu finden, Schuld und Sühne des Täters zu bestimmen. Er dient der Öffentlichkeit: Nicht als Häme- und Sündenbockforum, sondern um sich gemeinsam darüber zu vergewissern, was einer darf und was nicht. Auch darüber, was der Staat darf. Darf er zum Beispiel mit Millionensummen gestohlene Bankdaten ankaufen, um den Betroffenen - wie im Fall Zumwinkel - damit den Prozess zu machen? Oder macht er sich damit zum Hehler, der eine Straftat fördert und belohnt? So lange wie die Liechtenstein-Verfahren alle mit Deals enden, werden wir auf eine höchstrichterliche Antwort leider warten müssen.

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