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Auf den Punkt: Die Demokratie im Osten lebt

Thorsten Metzner über das Ende des Bombodroms

Die weiße Fahne, spät, sehr spät wurde sie gehisst. Doch nun hat die Bundeswehr kapituliert. Über den hohen Norden Brandenburgs, über das schöne Rheinsberg und die Müritzer Seenplatte werden keine Kampfjets der Luftwaffe donnern. Der von Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) verkündete Verzicht auf das Bombodrom Wittstock, um das die "starke Truppe" seit mehr als 15 Jahren erbittert kämpfte, ist überfällig - und schon lange ohne Alternative. Man darf nicht vergessen, dass dieser Streit, eine Art ostdeutsches Gorleben, längst zur unendlichen Geschichte geworden war: Vorher hat die Bundeswehr alle Prozesse verloren. Da war den Militärs von Gerichten stets aufs Neue vorgehalten worden, dass bei der versuchten kalten Inbetriebnahme des früheren Sowjetbombenabwurfplatzes simpelste Planungsstandards außer Acht gelassen wurden, die auch beim Bau von neuen Fabriken oder Straßen gelten.

Dabei musste sich die Hardthöhe vom Bundesrechnungshof vorrechnen lassen, dass das Bombodrom überflüssig ist, weil nicht einmal die anderen beiden deutschen Übungsplätze ausgelastet seien. Und trotzdem hatten bislang alle Verteidigungsminister, auch die Sozialdemokraten Rudolf Scharping und Peter Struck, am Bombodrom festgehalten. Den Ausschlag für Jung mag jetzt gegeben haben, dass im Superwahljahr erstmals der Bundestag mit einer breiten Mehrheit von CDU bis zu den Linken einen Verzicht gefordert hat - was den gesichtswahrenden Ausstieg ermöglicht. Im 20. Jahr der friedlichen Revolution ist ein anderes Signal wichtiger: Oft wird Resignation, Politikverdrossenheit und DDR-Nostalgie im Osten beklagt. Ohne den beharrlichen Widerstand einer ganzen Region, ohne die kreativen Proteste der Freien Heide, der größten Bürgerinitiative der neuen Länder, hätte die Politik nie eingelenkt. Demokratie und Rechtsstaat sind im Osten stärker verwurzelt als mancher glaubt.

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