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Auf den Punkt: Gedächstniskirche ist alter Westen

Werner van Bebber zum Verfall der Gedächtniskirche

Ja doch, dieses Bauwerk tut sich im jugendbewegten und mittezentrierten Gesamtberlin schwer mit Sympathiegewinnen. Die Gedächtniskirche ist eben alter Westen. Sie steht für das West-Berlin von gestern. Sie steht für die künstlich ernährte Halbstadt. Den paar Touristen, die es in Teilungszeiten nach Berlin-West verschlug, diente die Kirche mit dem zerbombten Turm als Erinnerung an alte Größe in der Kaiserzeit. Das ist verdammt lang her.

Und es bewegt die Leute wenig in Zeiten, in denen sich die Massen über die Museumsinsel wälzen, während Politiker und Stadtentwickler sich über das Retro-Schloss, auch bekannt als „Humboldt-Forum“, und dessen sinnvolle Füllung Gedanken machen. So rottet der Gedächtniskirchenturm langsam vor sich hin. Die Kirche als Eigentümerin wartet darauf, dass irgendwoher Geld kommt. Der Senat sieht sich nicht in der Pflicht.

Das ist er auch nicht - aber er sollte sich selbst verpflichten. Es geht um 4,1 Millionen Euro, wenn man die Zahlen der Stadtentwicklungsverwaltung nimmt (die Kirche gibt die Reparaturkosten mit 3,5 Millionen Euro an). Das wäre viel Geld, wenn der Stadt es der Kirche einfach schenken würde. Doch eben weil diese Kirche mitten im alten West-Berlin für das Polit-Unikum Berlin-West steht, kann sich der Senat selbst verpflichten. Zum Vergleich: Die Wiederherstellung der Staatsoper wird mit 200 Millionen Euro veranschlagt - der Bund hilft kräftig mit. Aber auch danach wird der Opernbetrieb ein gigantisches Zuschussgeschäft bleiben. Die Gedächtniskirche ist ein funktionierendes Gotteshaus mit all dem ideellen Mehrwert, der dort entsteht - auch wenn er die rot-rote Berliner Landesregierung nicht besonders interessiert.

Gerade deshalb wäre es ein Zeichen von Größe, wenn der Senat sich finanziell engagieren würde. Für solche Fälle gibt es übrigens die Lotto-Gelder.

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