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Joachim Huber

© Kitty Kleist-Heinrich

Auf den Punkt: Gerechte Schande

Joachim Huber über die neuen Regeln beim Eurovision Song Contest

Erst haben wir verloren, und dann wurden wir auch noch ausgelacht. Beim "Eurovision Song Contest" (ESC) 2008 haben Europas Fernsehzuschauer die schwarz-rot-goldenen "No Angels" auf den letzten Platz gevotet. "Disappear" machte seinem Titel alle Ehre. Eine sagenhafte Ohrfeige für das Land der Chorsänger und DSDS-Verrückten. Aber nicht mit uns! Die Deutschen zahlen mit anderen Westeuropäern die Rechnung - und der Osten räumt ab. Gegen ukrainische Urgewalt und russischen Kreml-Schmalz konnten Feingeist Roger Cicero oder die brave Kneipenband Texas Lightning nichts reißen.

Jetzt gibt sich der ESC neue Regeln: Die Jury, die bis 1997 im Einsatz war, kommt zurück. Nationale Jurys werden im Finale ebenso mitentscheiden wie die nationalen Tele-Voter. Unklar ist noch, welches Gewicht die Voten der Jurys für das Endergebnis haben sollen. Die Fernsehanstalten versprechen sich vom Einsatz der Fachkompetenz eine Abmilderung des Durchmarsches aus Ost und Südost. Der "Eurovision Song Contest" soll von seiner supranationalen Qualität leben!

Eine durch und durch lustige Idee. Der ESC wird nie wieder etwas anderes sein als eine Europameisterschaft der Geschmacklosigkeit, der musikalischen Glühwürmchen und der im Popbusiness Gestrandeten. Dort abgestraft zu werden, ist keine Schande, sondern eine Ehre. Alle Gracias und "No Angels" sind dringend aufgerufen, die letzten ESC-Pleiten wegzustecken und wieder zum Mikrofon zu greifen. Deutschland braucht ehrliche und tapfere Verlierer. Ist doch so: Vom Letzten wird man immer reden, vom Elftplazierten nie.

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