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Auf den Punkt: Mr. 25 Prozent

Stefan Kaiser über die Weltfremdheit des Josef Ackermann

Manchmal braucht es nur zwei Zahlen, um zu zeigen, wie ungerecht Wirtschaft sein kann: In Frankfurt verkündet die Deutsche Bank einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro für das erste Quartal. Fast zeitgleich meldet einer der größten Autobauer des Landes, der Stuttgarter Daimler-Konzern, einen Verlust in ähnlicher Höhe. Die Verursacher der Krise feiern also fröhliche Urständ, während die Realwirtschaft immer tiefer in die Krise rutscht.

In der Tat profitierte vor der Krise kaum jemand stark vom alten System wie die Deutsche Bank. Sie galt als einer der weltweit größten Händler jener verpackten Kreditpapiere, die die Finanzwelt in den Abgrund gerissen haben. Da liegt die Schuld der Bank. Da liegt auch die Schuld von Josef Ackermann. Er war es auch, der lange einseitig auf das Investmentbanking setzte, der mit seinem Renditeziel von 25 Prozent die gesamte Branche vor sich hertrieb. Ob 25 Prozent nun zu viel sind oder nicht, ist dabei nicht entscheidend. Entscheidend ist die Wirkung, die von diesem Renditewettlauf ausging - und die viele Banken in Geschäfte trieb, die sie nicht mehr überblickten.

Die entscheidende Frage ist nun, ob Ackermann aus diesen Fehlern gelernt hat. Dass die Bank wieder Gewinn macht, ist ihm nicht vorzuwerfen. Im Gegenteil: Politik und Steuerzahler sollten sich freuen, dass Deutschlands größte Bank das Schlimmste offenbar hinter sich hat und noch immer keine Staatshilfe braucht. Dies ist auch ein wesentlicher Verdienst des Bankers Josef Ackermann, für den ihm Anerkennung gebührt. Nicht zuletzt deshalb hat ihn der Aufsichtsrat der Bank gebeten, noch bis 2013 weiterzumachen.

Das Problem liegt woanders: Ackermann hat nicht zur Kenntnis genommen, dass die Finanzwelt nach der Krise eine andere sein soll. Er hofft noch immer auf die das große Comeback des Investmentbankings. Und er hat auch die 25 Prozent wiederbelebt, obwohl im eigentlich klar sein müsste, dass er damit wieder zum Feindbild Nummer eins in Deutschland wird. Die Volksseele kocht. Doch Josef Ackermann versteht sie nicht. Er ist zu weit weg vom Volk, um ein Gespür für dafür zu entwickeln, was sich dort zusammenbraut. Und er ist auch zu weit weg von der Politik in Berlin, um zu verstehen, dass sein Selbstbewusstsein ein idealer Angriffspunkt für Wahlkämpfer aller Couleur ist. Die Welt des Josef Ackermann besteht aus Zahlen. Aus Erfolg oder Misserfolg. Das mag das Richtige sein, um die Bank durch die Krise zu führen. Doch es ist das Falsche für einen Neuanfang.

Stefan Kaiser

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