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Auf den Punkt: Ohne Sturm, ohne Drang

Carsten Brönstrup über die naive Kritik am Leistungsprinzip.

Es ist nicht gut, dass Menschen in der Arbeitswelt unter Druck gesetzt werden. Das wissen wir spätestens seit der Trauerfeier für den Torwart Robert Enke. Es ist erstaunlich, wer plötzlich schon immer wusste, wie verwerflich das Leistungsprinzip in unserer Gesellschaft ist: ein Ministerpräsident, der beim Wahlvolk stets mit seinen politischen Großtaten wirbt, um im Amt zu bleiben. Der Präsident eines Fußballvereins, der formschwache Spieler auf die Bank oder die Tribüne schickt, um den Klassenerhalt zu sichern. Die vielen hundert Studenten, die gegen Leistungsdruck demonstrieren, aber erst dank ihrer Erfolge in der Schule eine Universität von innen betrachten dürfen. Und die sich entschieden haben, im Studium etwas zu leisten, um später überdurchschnittliche Einkommen zu erzielen.

Ohne den Antrieb zu guten Leistungen und zu Erfolg funktioniert dieses Gemeinwesen nicht, das ist eine Binsenweisheit. Eine Gesellschaft, die sich am Mediokren orientiert, hat noch nie auf Dauer Bestand gehabt. Sicher, die Anforderungen in der Arbeitswelt von heute sind höher als noch vor 20 oder 30 Jahren. Doch wer dies beklagt, befindet zugleich: Das ist gemein, das muss nicht sein. Dabei ist die Leistungsgesellschaft eben nicht nur das Produkt raffgieriger Fabrikanten und erfolgsfixierter Chefs. Alle verlangen Erfolg und Qualität, von allen. Oder wollen wir, dass uns Ärzte operieren ohne Leistungsdruck? Dass der Busfahrer dann losfährt, wenn es ihm passt – weil man ihn ja nicht unter Druck setzen will? Dass man mit dem Koch nachsichtig umgeht, auch wenn er ständig das Essen versalzt? Dass man mit dem Programmierer nicht so streng ist, ein paar Buchungsfehler oder Systemabstürze sind ja nicht so schlimm?

Leistung nachweisen zu müssen ist ein Ansporn, der uns alle weiter bringt. Die DDR ist auch deswegen untergegangen, weil individuelle Anreize nicht gut in das planwirtschaftliche System passten. Auch lässt sich darüber streiten, in welchem Ausmaß der Leistungsdruck heute tatsächlich gewachsen ist. Wer keinen Erfolg hat, sich nicht durchsetzt, landet heute maximal auf dem Niveau der Sozialhilfe. Noch vor ein paar Generationen setzte, wer nichts erreichte und nichts konnte, sein Überleben aufs Spiel.

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