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Auf den Punkt: Schlächter bleibt Schlächter

Hannes Heine über den iranischen Oppositionsführer Mussawi

Er gilt als große Hoffnung des Westens, als Galionsfigur einer mutigen Opposition, als Freiheitskämpfer. Zwar wird Mir-Hossein Mussawi, der Widersacher des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, auf den Straßen Teherans von jüngeren Demonstranten gefeiert. Doch so richtig beliebt ist er bei der im Iran unterdrückten Opposition nicht. Etwas ältere, seit den 80er Jahren aktive Menschenrechtler, Gewerkschafter und Intellektuelle können sich gut an Mussawi erinnern - als Massenmörder.

Im Blutrausch hatte das islamische Regime vor allem Anfang der 80er gewütet, als Mussawi an der Spitze des Staates stand. In seiner Zeit als Premierminister, zwischen 1981 und 1989, sind tausende streikende Arbeiter, linke Studenten und engagierte Frauen hingerichtet worden. Der Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin macht ihn für die "Liquidation der Opposition" in den 80ern verantwortlich. Mussawi selbst bekennt sich zur Islamischen Republik, also zu Todesstrafe, Streikverbot, Frauenunterdrückung.

Immerhin, US-Präsident Barack Obama, der sicher kein Freund Ahmadinedschads ist, hat bisher vermieden, in dem Konflikt Partei zu ergreifen. Für ihn sei der Unterschied zwischen dem offiziellen Wahlsieger Ahmadinedschad und dem unterlegenen Herausforderer Mussawi nicht so groß wie dargestellt. Doch Obama ist der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach: Er wird sich mit Mussawi, als potenziellem, langfristig vielleicht erfolgreichem Staatschef arrangieren.

Genau das wollen viele Iraner im Exil - allein in Berlin leben mehr als 10.000 von ihnen - eben nicht. Für sie ist Mussawi zwar das kleinere Übel, aber immer noch groß genug, dass sie heute Nachmittag vor dem Außenministerium in Berlin nicht nur gegen Ahmadinedschad demonstrieren, sondern gegen die iranischen Eliten insgesamt. Denn bei all dem Eifer gegen Ahmadinedschad sollte nicht vergessen werden: Schlächter Mussawi bleibt ein Schlächter.

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