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Lorenz Maroldt

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Spalten statt versöhnen

Lorenz Maroldt über Kurt Becks Forderung nach einem Integrationsgipfel.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck ist ein guter Altpapiersammler, besonders von Präsidentenreden. Ein bisschen Rau, ein bisschen Köhler, einmal kräftig zusammenmixen - und fertig ist der scheinbar obervernünftigste Beitrag zur Jugendkriminalität, gerade veröffentlicht im Tagesspiegel. "In großer Sorge" äußert Beck sich da "über die Entwicklung der Diskussion", und es klingt genau so wie das apokalyptische Geraune von Köhler, als der für die neoliberale Wende, die dann doch nicht kam, den Bundestag auflöste.

"Was wir brauchen, ist Versöhnung und nicht Spaltung", mahnt Beck weiter, und das wiederum ist fast ein Originalzitat von Rau. Muss ja beides nicht falsch sein, auch wenn nicht alles an den beiden genannten Präsidenten richtig war und ist, und es muss auch nicht deshalb falsch sein, nur weil die Sozialdemokraten, besonders deren künstlich aufgeregter Generalsekretär, durchaus ihren Anteil haben an der bösen Entwicklung der Diskussion und dem spalterischen Aspekt daran. Wer auf ein Feuerchen noch etwas Brennspiritus kippt, darf ja trotzdem nach der Feuerwehr rufen.

Warum kein Jugendkriminalitätsgipfel?

Bemerkenswert ist allerdings Becks Folgerung aus alledem: Er fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich den Integrationsgipfel einzuberufen. Auch das kann im Prinzip nicht schaden, aber was hat es zu bedeuten? In der Konsequenz doch ganz offensichtlich, dass Beck und damit in seinem Gefolge die deutsche Sozialdemokratie den Zusammenhang zwischen Jugendgewalt und Migration in Kombination mit mangelhafter Integration anerkennen. Sonst hätte er einen Jugendkriminalitätsgipfel gefordert. Die Einberufung eines Integrationsgipfels als Antwort auf das allgemeine Problem Jugendkriminalität ist ja gerade dazu geeignet, "dass sich Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft in Deutschland pauschal diskreditiert und in die Ecke gestellt fühlen" (Beck). Der SPD-Chef setzt sich damit allerdings auf einen starken Trend, der entgegen allen Tabu-Behauptungen der vergangenen Tage seit langen deutlich sichtbar ist, zum Beispiel am selbstverständlichen Gebrauch des Begriffs "Ausländerkriminalität".

Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der jetzt so herzerfrischend gegen die Rechtschieler der Union pöbelt (auch Angela Merkel hat sich plötzlich von dieser Krankheit anstecken lassen), darf für sich in Anspruch nehmen, schon vor zehn Jahren eine klare Linie gezogen zu haben. Kriminelle Ausländer raus, aber schnell - so lautete sein Schlachtruf damals. Die Integration hat das nicht vorangebracht, das Land aber auch nicht gespalten. Statt in großer Sorge verklemmt zum Schein zu versöhnen, sollte die Politik lieber in großer Gelassenheit klare Gedanken fassen - und entsprechend handeln.

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