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Meinung: Aufmarsch der Kochbrigaden

Von Clemens Wergin

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat Israel und Libanon gestern „schmerzliche Kompromisse“ abverlangt. Die Einzigen, von denen Annan bei der Beilegung der Krise offenbar keine schmerzlichen Kompromisse fordert, ist die Weltgemeinschaft selbst. Das bisherige Krisenmanagement der UN erweist sich jedenfalls als Desaster. Annan und viele EU-Länder hatten während des Konfliktes ja schon früh einen sofortigen Waffenstillstand verlangt. Als der dann kam, haben sich die Europäer in die Büsche geschlagen. Offensichtlich hätte auch die UN mehr Zeit gebraucht, um die Aufgaben nach dem Krieg zu verteilen. Jetzt, wo die Waffen schweigen und der Druck weg ist, findet sich jedenfalls kaum noch ein Land in Europa, das Substanzielles zur Friedenssicherung beitragen will. Wie so oft bei Blauhelmeinsätzen sind es vor allem Drittweltstaaten, die Truppen anbieten, während die viel besser trainierten und ausgerüsteten Soldaten der EU von ihren Regierungen ängstlich in den Kasernen versteckt werden.

Natürlich, der Einsatz im Südlibanon kann gefährlich werden. Das ist gerade der Grund, weshalb die Mission über möglichst professionelle Soldaten verfügen sollte. Wer möchte, dass die UN große Aufgaben löst, kann ihr nicht kleine Mittel an die Hand geben. Aber wie so oft erweist sich der UN-gesteuerte Multilateralismus als organisierte Verantwortungslosigkeit: Wäre schön, wenn die UN robuste Truppen schickt, aber bitte nicht mit uns. Angebote, Köche, Ärzte, Aufbauhelfer oder Seeleute zu stellen, hat Annan genug. Nur die Kernaufgabe – Sicherung des Südlibanon und Entwaffnung der Hisbollah – möchte kaum ein Land übernehmen. Weil jeder verlorene Tag aber der Hisbollah in die Hände spielt, muss der Sicherheitsrat schnell ein robustes Mandat für die UN-Truppe verabschieden, das die Zweifel an deren Auftrag ausräumt und möglichen Truppenstellern die Ausreden verbaut. Sonst wird der Waffenstillstand nur das Präludium zum nächsten Nahostkrieg gewesen sein.

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