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Ausgewildert: Geert Wilders hat sich zu früh gefreut

Der Islamkritiker Geert Wilders, der bei den niederländischen Parlamentswahlen als Sieger hervorging, könnte hoffähig werden – der Preis wäre auch für ihn hoch.

Ist Geert Wilders, der strahlende Sieger der vorgezogenen niederländischen Parlamentswahlen vom 9. Juni, nun endlich am Ziel seiner Träume? Duldet er eine Regierung aus der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) unter Mark Rutte, dem anderen Wahlsieger, und dem christdemokratischen Wahlverlierer CDA, der die Hälfte der Parlamentssitze verlor?

Es zeichnete sich schon am Wahlabend ab, dass man den Sieg von Wilders’ Partei für die Freiheit (PVV) von neun auf 24 von 150 Mandaten nicht einfach ignorieren könne. Denn der Zuwachs war deutlicher als derjenige der Rechtsliberalen unter Mark Rutte. Den Islamhasser politisch zu isolieren, ist aber in den Niederlanden nicht ohne Weiteres möglich – wenngleich rein rechnerisch eine Koalition aus VVD und den Parteien des linken Spektrums eine Mehrheit ergeben hätte. Das hätte aber VVD-Wähler in das Wilders- Lager getrieben. Denn die Berührungsängste zwischen den beiden Parteien sind nicht so groß, immerhin war Wilders einst Mitglied der VVD, sein Ast ist daher zumindest im Ursprung aus dem gleichen Holz. Also scheint einer rechtsbürgerlichen Regierung nichts im Wege zu stehen.

Die drei verhandelnden Parteien haben am Freitag beschlossen, ihre Meinungsverschiedenheit über den Charakter des Islam zu tolerieren. Denn CDA und VVD allein kommen eben nur auf 52 Sitze, weit entfernt von der Mehrheit von 76 Sitzen, die sie nur mit Wilders bekommen. Dieser befände sich dann in einer komfortablen Position. Er könnte zeigen, dass er zu Kompromissen bereit und damit politikfähig ist, er könnte aber auch weiterhin den „agent provocateur“ in der niederländischen Politik spielen und bei unpopulären Entscheidungen die Regierung im Regen stehen lassen. Er erführe durch diese Entwicklung eine Aufwertung, die allerdings vielen Christdemokraten schwere Kopfschmerzen bereitet. Denn kann man eine Weltreligion pauschal verdammen und als gewalttätige Ideologie brandmarken? Das können viele Christdemokraten, die das C im Parteinamen bisher immer ernst genommen haben, kaum mit ihrer Weltsicht vereinbaren.

Vielleicht freut sich aber Geert Wilders auch zu früh. Schluckt er Kreide, um der Regierung in den Sattel zu helfen, verriete er die Wähler, die ihm wegen dieser Themen ihre Stimmen gegeben haben. Vor allem auf dem Gebiet der Islamkritik und bei den Sozialleistungen müsste er Zugeständnisse machen. Denn wollte er nicht den Einfluss des Islam eindämmen, hatte er nicht den Koran als faschistisch bezeichnet, ein Buch, das verboten gehöre? Hat er nicht mit radikalen Sprüchen im Einwanderungsland Niederlande unter den verunsicherten Niederländern seinen glänzenden Wahlsieg eingefahren? Und dass das Rentenalter von 65 Jahren nicht angehoben werde, hatte er auch versprochen – anders als die beiden Parteien, deren Regierung er womöglich unterstützen will.

Alle Würfel sind aber noch nicht gefallen. Denn unter dem Druck der sich jetzt abzeichnenden Konstellation wollen die anderen Parteien nochmals laut nachdenken.

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