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Bahn-Börsengang: Schranke zu

Panik an den Finanzmärkten. Die Kurse rauschen in den Keller. Deshalb wird der Börsengang verschoben. Doch der Börsengang ist nicht nur verschoben, sondern politisch gescheitert.

Rund um den Globus rauschen die Börsen in die Tiefe, die Anleger verschleudern ihre Aktien, eine Rezession ist greifbar nah. Und in dieser Krise will die Bundesregierung mit der Privatisierung der Deutschen Bahn beginnen? Das wäre aberwitzig und käme einer Geldvernichtung gleich – ebenso gut könnte Finanzminister Peer Steinbrück am Brandenburger Tor Hundert-Euro- Scheine an die Bürger verteilen.

Zu einer Verschiebung des Börsengangs gab es keine Alternative. Die Koalition und das Management des Konzerns dürfen sich aber jetzt nicht einfach zurücklehnen und auf bessere Zeiten auf den Finanzmärkten hoffen. Sie müssen verhindern, dass dieses Prestigeprojekt von Schwarz-Rot nun vollends unter die Räder kommt.

Eine leichte Aufgabe wird das nicht. Nicht nur, weil die Gegnerschaft von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn zahlreich ist und ihm nur die wenigsten den Triumph einer Privatisierung nach Jahren des Streits darüber gönnen. Sondern auch, weil der Börsengang umso unwahrscheinlicher wird, je näher er an den Termin der Bundestagswahl im September 2009 rückt. Den meisten Politikern passt es nicht, dass sie Einfluss auf die Bahn aus der Hand geben sollen. Nichts verschafft ihnen so rasch Aufmerksamkeit wie derbe Kritik an einem Unternehmen, das Tag für Tag sieben Millionen Menschen befördert und den meisten davon am Herzen liegt.

Ohnehin dreht sich der Wind für die Koalition. Angela Merkel weiß, dass die meisten Bürger auf eine privatisierte Bahn keine Lust haben. Und ob sie nach der Serie von Wahlniederlagen, auf die ihre Union zurückblickt, noch zu den uneingeschränkten Befürwortern dieses Vorhabens zählt, darf getrost bezweifelt werden.

Nicht anders ist es bei der SPD. Die meisten Gewerkschafter waren noch nie glühende Verfechter einer Börsenbahn, die unter der Knute des Kapitalmarkts ihren noch immer drückenden Personalüberhang abbauen müsste. Zudem muss ein Kanzlerkandidat, dem der Ruch des Agenda-Anhängers anhaftet, es auch privatisierungkritischen Parteilinken recht machen. Die werden erneut die Grundsatzfragen stellen: Darf ein Investor darüber mitbestimmen, ob Intercity- Züge in Cottbus oder Brandenburg halten? Und sollte nicht jeder Dorfbahnhof mit Zughalten im Zehn- Minuten-Takt bedient werden?

Vielleicht erledigt sich das Problem von selbst. Zwar betont die Bahn immer, dass ihr eine schlechte Konjunktur wenig anhaben kann, dass sich Passagiere und Fracht nicht plötzlich in Luft auflösen. Trotzdem wird eine mögliche weltweite Rezession nicht eben ein Interesse der Investoren auf Logistikaktien auslösen – dabei gehört dieser Konzernteil zu Mehdorns wichtigsten Geldbringern. Ob die Anleger einen angemessenen Preis für die Bahn zu zahlen bereit sind, hängt davon ab, wie tief Deutschland und Europa in die Krise rutschen. Und davon, wann das Börsenbeben beendet sein wird. Womöglich in zwei Wochen, womöglich in zwei Jahren, das weiß niemand. Hartmut Mehdorn hat Zeit – sein Vertrag läuft bis 2011.

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