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Sollen nach dem Willen von Peer Steinbrück wieder von der Politik dirigiert werden: Trader an der Wallstreet in New York im September.

© dapd

Bankenregulierung: Die Politik muss wieder den Takt bestimmen

Peer Steinbrück hat ein Konzept zur Bankenregulierung vorgelegt. Er verzichtet auf populistische Forderungen wie die Begrenzung der Banker-Boni - und das ist gut so.

Wenn du eine kleine Reform verhindern willst, musst du eine große fordern. An diesen Spruch aus dem Handbuch der Politik mag sich mancher erinnern bei der Lektüre von Peer Steinbrücks „Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“. Tatsächlich lässt der ehemalige Finanzminister in seinem 30 Seiten umfassenden Papier nichts aus. Von der Finanztransaktionssteuer über die Aufspaltung von Universalbanken, Basel III, die Regulierung des Derivatehandels und die deutschen Landesbanken bis hin zu einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht – Steinbrück spannt einen weiten Bogen. Dass er dabei nicht auf Populismus setzt, zeigt die Zurückhaltung bei den berüchtigten Boni. Der Bezahlung der Banker widmet sich Steinbrück in einem Absatz im hinteren Teil seines Regulierungskompendiums. Das schmälert vermutlich das Lesevergnügen, ist aber angemessen. Steinbrück will als Experte auftreten, nicht als dröhnender Wahlkämpfer. Das kommt noch. Aber hat er das richtige Thema, wenn er Kanzlerkandidat wird?

Im zähen Krisenmanagement der Euro-Länder sind in den vergangenen Monaten die Banken hinter Griechenland, Italien und Spanien verschwunden. Das findet die Finanzbranche gut. War da was 2008? In den schlimmsten Jahren der von Banken ausgelösten globalen Finanzkrise, von 2008 bis 2010, wurden allein die europäischen Banken mit 1,6 Billionen Euro öffentlicher Mittel gestützt. Daran erinnert Steinbrück und rückt mit dieser Ziffer die Proportionen zurecht zwischen Bankenkrise und Griechenlandhilfe. Wenn die Finanzmärkte – also Banken, Fonds und Anleger – gegen Krisenländer wie Griechenland spekulieren und dabei eine finanzmarktkonforme Politik von den Europäern insgesamt erzwingen wollen, dann läuft etwas schief.

Video: Banken sollen sich selbst versorgen

Darum geht es Steinbrück: Er will den „Taktstock“ zurück in die Hand der Politik bringen. Indem sie den Geldhäusern klare Geschäftsbedingungen vorgibt, dadurch verlorenes Vertrauen zurückgewinnt und am Ende auch die Banken schützt. Denn setzt sich die Zockerei fort – und die Politik des billigen Geldes der Zentralbanken schürt diese Befürchtung –, dann wird noch manche Bank kollabieren. Bei den wichtigsten Themen liegt Steinbrück richtig. Die Banken sollen Geld zurücklegen für den Krisenfall, damit sie nicht wieder vom Steuerzahler gerettet werden müssen, weil sie „systemrelevant“ sind. Und damit sie weniger systemrelevant sind und weniger mit dem Geld der Anleger spekulieren, ist auch die Trennung von Investmentbank und normalem Kreditgeschäft zu überlegen.

Video: Steinbrück will Bankensektor entflechten

Selbstverständlich gibt es bei uns noch immer zu viele Landesbanken, und selbstverständlich ist das Riesenproblem nicht gelöst, dass viele Fonds ohne Eigenkapitalvorschriften noch ein viel größeres Rad drehen als die Banken. Aber muss man Hausbauern und Wohnungskäufern vorschreiben, dass sie mindestens 20 Prozent des Immobilienpreises an Eigenkapital haben müssen? Kann sein. Vielleicht kommt der Rat gerade zur rechten Zeit, denn das billige Geld trägt auch in Deutschland die Gefahr einer kreditfinanzierten Immobilienblase in sich.

Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles? Nein, so einfach will sich Steinbrück nicht mit den vermeintlichen Zwängen des Finanzkapitalismus abfinden. Ein neues Gleichgewicht zwischen Eigeninteresse und Gemeinwohl strebe er an, sagt der Sozialdemokrat. Die Bändigung der Finanzmärkte ist dabei eine Voraussetzung. Steinbrücks Vorschlagsliste trägt dazu bei.

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