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Meinung: Bauernopfer Europa

Von Dagmar Dehmer

Offensichtlich ist der Schock über das Nein aus Frankreich und den Niederlanden zur EUVerfassung schon wieder überwunden. Zumindest klingt die Debatte zwischen Großbritannien, Frankreich und Deutschland über die Finanzen der Europäischen Union schon wieder so wie immer. Tony Blair signalisiert Kompromissbereitschaft beim Britenrabatt – Großbritannien zahlt seit 1984 jährlich rund 4,6 Milliarden Euro weniger Beiträge zur EU als es eigentlich müsste –, wenn die EU grundsätzlich über den Haushalt spricht, insbesondere die Agrarsubventionen. Jacques Chirac und Gerhard Schröder signalisieren Kompromissbereitschaft – wobei eigentlich? –, fordern die Abschaffung des Rabatts und wollen die Agrarsubventionen behalten. Also wird am Ende höchstwahrscheinlich alles bleiben, wie es ist. Vermutlich werden die Mitgliedsbeiträge zur EU von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf einen Wert zwischen 1,07 und 1,26 Prozent erhöht, die Briten behalten ihren Rabatt und die Franzosen ihre Agrarsubventionen.

Zur Erinnerung: Erst 2002 kam nach mühsamen Verhandlungen ein Kompromiss über eine Agrarreform zu Stande, der unter anderem vorsieht, die Summe der Agrarsubventionen bis 2013 auf dem gleichen Stand zu halten. Allerdings gibt es inzwischen nicht mehr 15, sondern 25 Mitgliedstaaten, die sich den Kuchen teilen müssen. Um die Agrarsubventionen abzuschaffen, müsste Blair die Zustimmung der übrigen 24 bekommen. Das ist so gut wie ausgeschlossen. Die Agrarsubventionen machen knapp die Hälfte des gesamten EU-Haushalts aus, rund 40 Milliarden Euro im Jahr. Es profitieren zu viele Staaten, als dass sie für eine Abschaffung stimmen würden. Das gilt vor allem für Frankreich. Aber auch Neumitglieder wie Polen werden sich massiv gegen eine Abschaffung wehren.

Es gäbe zumindest einen guten Grund, die Agrarsubventionen abzuschaffen: Die Handelsbedingungen für landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern würden auf einen Schlag viel gerechter. Andererseits würden in Europa weite Landstriche völlig veröden, wenn auch noch die letzten Arbeitsplätze auf dem Land verloren gingen. Das kann in Europa kaum jemand wollen.

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