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Meinung: Bei Hofe in Amerika

Bush lässt Fischer spüren, wie beleidigt er ist

Vor der Wahl hat die Bundesregierung mit ihrem strikten Nein zum Irak-Krieg Stimmen gefangen. Bei Joschka Fischers Besuch in Amerika wurde deutlich, was sie nun politisch dafür bezahlen muss. Wer sich ungefragt jedweder Kriegsbeteiligung, auch einer unter UN-Mandat, verweigert, kann zum Wie einer Resolution fast nichts mehr beitragen. Der deutsche Außenminister hat sich von Colin Powell und UN-Generalsekretär Kofi Annan instruieren lassen, wie die Dinge stehen. Beeinflussen konnte er sie nicht.

Der andere Preis: Berlin muss einen großen Teil seiner außenpolitischen Energien in das Projekt transatlantische Versöhnung stecken. Die US-Administration scheint willens zu sein, diese Versöhnung recht schwer zu machen. Ohne Demütigung geht da gar nichts, auch nicht für den Außenminister, dessen Haltung zum Irak- Krieg aus schwer erklärlichen Gründen in den USA als weniger strikt empfunden wird als die des Kanzlers.

Das ziemlich autoritäre Bestrafungsverfahren der Amerikaner wird ein Motiv für den rot-grünen Irak-Kurs eher noch verstärken: den Ärger über amerikanische Arroganz. Die Fiktion der Gleichberechtigung, die die Diplomatie im Normalfall inszeniert, lässt man hier gänzlich fahren. Quod licet Jovi, non licet bovi – was die amerikanischen Götter dürfen, das dürfen die deutschen Rindviecher noch lange nicht: eine unilaterale Position einnehmen oder mal auf die UN pfeifen wie Vizepräsident Dick Cheney und Gerhard Schröder es gleichermaßen taten. Solche verschiedenen Stufen außenpolitischer Mündigkeit lassen sich diplomatisch verhüllt leichter ertragen, jetzt liegen sie offen zu Tage.

Auch der dritte Preis, der schmerzlichste, liegt auf dem Tisch. Deutschland hat in der Sache Recht, über die indes zu wenig diskutiert wird – weil die Audienz-Sekunden gezählt werden, die Fischer bekommt, weil sich beim Nato-Gipfel alle Kameras darauf richten werden, ob George Bush den Kanzler eines Blickes würdigt, ob er ihm gar die Hand gibt, ihn dabei ansieht, den Unterarm drückt. Es ist wie bei Hofe, die Bushs sind die Königsfamilie, die von einem mittelgewichtigen Fürsten beleidigt wurde. Das kann man amüsant finden oder auch nicht. Jedenfalls handelt es sich auch um eine Boulevardisierung des Politischen. In einer weltpolitisch heiklen Situation erscheint dies ziemlich absurd.

War Fischers Reise nun ein Erfolg? Sie war ein erster, kleiner Schritt auf einem verdammt langen Umweg.

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