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Bemannte Raumfahrt: Gagarin ruft zum Mars

Bemannte Raumfahrt kann identitätsstiftend sein und Grenzen überwinden. An der Aufgabe, den Mars zu erreichen, kann die Menschheit abermals wachsen. Gerade jetzt, wo sich viele Staaten im Aufbruch befinden.

Pojechali!“, hat er beim Start gerufen, „Auf geht’s!“ Vor 50 Jahren wagte Juri Gagarin als erster Mensch den Ritt in den Kosmos – anders lässt sich die Reise in der Spitze einer Rakete kaum nennen. Es war ein Himmelfahrtskommando. Nachdem sie bei den Amerikanern schon den Sputnik-Schock ausgelöst hatten, wollten die Sowjets ihnen abermals zuvorkommen und als Erste einen Menschen in den Orbit bringen. Das Wagnis gelang, und der 27-Jährige landete nach einer Erdumrundung auf einem Acker im Wolgagebiet.

Der Ausruf war nicht nur Gagarins Selbstermunterung, er markierte auch einen Aufbruch, wie ihn die Menschheit selten erlebt. Nach den entsetzlichen Weltkriegen kam wenigstens der Frieden des Kalten Krieges, im Westen brachten es die Leute zu etwas Wohlstand. Die anhaltende Konfrontation löste ein militärisch-technisches Aufrüsten aus, durch das es schließlich auch gelang, in den lebensfeindlichen Weltraum vorzudringen. Mensch und Technik, da schien alles möglich zu sein.

Der amerikanische Präsident John F. Kennedy schickte dem tollkühnen Kosmonauten sogar einen Glückwunsch – und seinem Vizepräsidenten ein Memo mit der Frage: Können wir zum Mond fliegen? Der Rest ist bekannt. Dreistellige Milliardenbeträge wurden seither aufgebracht, um Astronauten zum Mond zu bringen oder um die Erde kreisen zu lassen. 18 Raumfahrer ließen dabei ihr Leben. „Wissenschaftlich-technischer Fortschritt“ stand und steht auf den Etiketten bemannter Missionen. Die Resultate sind beachtlich: Fachkundig ausgewähltes Mondgestein, das bis heute in irdischen Laboren ausgewertet wird, um unseren Nachbarn besser zu verstehen. Erkenntnisse aus hunderten Versuchen in der Schwerelosigkeit, gewaltige Fortschritte in der Informationstechnologie. Dennoch stehen die Ergebnisse nicht im Verhältnis zum immensen Aufwand, wären früher oder später auch in anderen Zusammenhängen zustande gekommen.

Der wahre Antrieb der Weltraumfliegerei ist der Drang des Menschen, Neues zu entdecken, seine Grenzen zu verschieben. Aus dem gleichen Grund quälen sich immer wieder Abenteurer durch sengende Wüsten und erklimmen hohe Berge – oder kaufen sich Angestellte ein teures Flugticket, um mit dem Fahrrad durch Vietnam zu radeln. Überlebensnotwendig ist das nicht, aber faszinierend. Wer hat nicht ein bisschen Stolz auf seine Gattung empfunden, als der erste Mensch den Mond betrat? Seht her, was wir können!

Bemannte Raumfahrt ist Luxus. Und muss damit stets die Frage aushalten, warum die Gesellschaft das bezahlen soll, ebenso wie Opernhäuser, Museen und das ein oder andere Verkehrsprojekt. Wie die Kulturstätten kann auch die Raumfahrt identitätsstiftend sein und Grenzen überwinden. Aus dem Gegeneinander der beiden Supermächte ist längst ein Miteinander von derzeit 14 Nationen geworden, das mit der Internationalen Raumstation sichtbar ist.

All diese positiven Effekte – von der friedlichen Kooperation über den gelebten Entdeckergeist bis hin zu vermutlich phantastischen wissenschaftlichen Erkenntnissen – bündeln sich in dem nächsten Ziel: einem Flug zum Mars. Eine Aufgabe, an der die Menschheit abermals wachsen kann. Gerade jetzt, wo sich viele Staaten im Aufbruch befinden. Pojechali!

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