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Der neue Berliner Großflughafen öffnet später und wird am Ende mindestens doppelt soviel gekostet haben wie ursprünglich geplant. Doch er ist bei weitem kein Einzelfall.

© dapd

BER kein Einzelfall: Der Staat als Bauherr: Immer teurer, immer später

Wenn der Staat als Bauherr auftritt, wird es fast immer teurer als geplant, nicht zuletzt beim neuen Berliner Großflughafen. Dahinter steckt System, meint Lorenz Maroldt. Man könnte auch sagen: Betrug.

In Becherbach ist ein Wunder geschehen. Als nach der Sanierung des Gemeindehauses abgerechnet wurde, waren alle begeistert: Tausend Euro billiger als geplant! Selbstverständlich sei das ja nicht, sagte der Bürgermeister bescheiden. Wie wahr: Sie sollten einen Untersuchungsausschuss einrichten in Becherbach, um herauszufinden, wie das bloß passieren konnte.

Wenn der Staat als Bauherr auftritt, wird es fast immer teurer als geplant. An mangelnder Übung kann es nicht liegen. Staatliche Auftraggeber gehören zu den ganz Großen der Bauwirtschaft, so steht es in einem Gutachten zum Kostenvergleich öffentlicher und privater Bauvorhaben. Der Staat ist demnach bei nahezu allem teurer. Einen „Kostenkennwertunterschied“ hielten die Sachverständigen dennoch nicht für nachweisbar – es sei ja möglich, dass öffentliche Bauherren einfach die aufwendigeren Objekte hätten.

Tatsächlich stellen sich Privatleute eher selten einen Großflughafen in den Garten. Aber warum heißt es auch dann fast immer „teurer als geplant“, wenn es um Sportplätze, Schulen, Schwimmbäder und Straßen geht? Das zitierte Gutachten hat übrigens das Bundesamt für Bauwesen bestellt.

Bildergalerie: Debakel um den neuen Flughafen:

Der Berliner Flughafen sollte mal zwei Milliarden Euro kosten, dann zweieinhalb, jetzt sind es ungefähr drei, ein Ende ist nicht abzusehen. Am Beispiel des Terminals lässt sich erkennen, was da falsch läuft. In der Absicht, Preisabsprachen von Generalunternehmern zu verhindern, hatte der politisch geführte Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft die Ausschreibung gestoppt. Die Bieter hätten die Abfertigungshalle für eine Garantiesumme von rund einer Milliarde hergestellt, der Aufsichtsrat hielt einen Preis von 630 Millionen für möglich.

Bildergalerie: Wo Berlin scheitert:

Die Aufträge wurden geteilt und einzeln ausgeschrieben, die IHK war begeistert, sie sah regionale Unternehmen im Vorteil. Das Ergebnis: Die Halle wird mindestens 200 Millionen Euro teurer als der Garantiepreis und doppelt so teuer wie die politische Hoffnung; sie wird später fertig wegen der späten Aufteilung; tausende regionale Geschäftsleute sind wegen der geplatzten Eröffnung massiv geschädigt. Und alles das ist auch noch logisch.

Die politisch Verantwortlichen verschanzen sich

Weil Großprojekte umstritten sind, nennen Politiker am Anfang zu niedrige Preise; das macht es leichter, sie durchzusetzen. Alsdann stimmt über den Preis das Parlament ab wie über eine politische Haltung. Läuft der Bau erst, ist das Weitere ziemlich egal. Den „Kostenrahmen“ gesprengt? Wird eben schnell ein neuer beschlossen – und schon ist man wieder drin. Eine halb fertige Flughafenruine will ja niemand haben. Die nächste Kostensteigerung wird bemessen am jeweils letzten Kostenrahmen und erscheint deshalb nicht ganz so schlimm. Ebenso verfährt die Politik mit dem Zeitplan, in dem sie so auch fast immer ist. Die Schuld wird einer „Standardsteigerung“ zugewiesen, einem Schicksal also, das sich weder vorhersehen lässt noch entlassen.

Damit das ohne persönliche Konsequenzen funktioniert, verschanzen sich die politisch Verantwortlichen hinter einem scheinbar privaten Geschäft. Unterlagen über die Verschwendung öffentlicher Mittel werden zum Geschäftsgeheimnis deklariert und nur einem kleinen Kreis von zur Verschwiegenheit verpflichteten Abgeordneten in einem „Geheimraum“ gezeigt.

So sind die Kontrolleure als Politiker außer Kontrolle und zur Kontrolle des Geschäfts nicht in der Lage. Da ist Anmaßung dabei, Selbstüberschätzung, Wunschdenken, Wiederwahltiming. Man könnte auch sagen: Betrug.

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