zum Hauptinhalt

Berlin vor dem 1. Mai: Mehr Härte wagen

Massiver Polizeieinsatz, schnellstmögliches Eingreifen gegen Gewalttäter, beweissichere Festnahmen mit Videoeinsatz und harte Strafen sind wohl das einzige Mittel, um den 1. Mai zu befrieden. Das macht Berlin dann künftig möglicherweise auch für auswärtige Krawalltouristen unattraktiv.

Von wegen – „Berlin freut sich auf den 1. Mai“. So mobilisiert nur die militante linke Szene im Internet, martialisch aufgerüstet mit Eisenstangen und Feuerlöschern. Berlin dagegen ist es längst leid, dieses öde, überholte Ritual. Dennoch droht eine Neuauflage, noch gewalttätiger als im letzten Jahr, als viele Polizisten Opfer blindwütiger Attacken wurden und Unbeteiligte schwerste Brandverletzungen durch Molotowcocktails erlitten. Und diesmal wollen nicht nur die radikale Linke, sondern auch die Rechtsextremen marschieren. Wer kann ausschließen, dass es mal Tote gibt? Kann man die Umtriebe nicht verbieten?

Innensenator Ehrhart Körting hätte bei einem Verbot sicher eine Mehrheit der Berliner auf seiner Seite. Der Verfassungssenator weiß aber, dass er mit einem Verbotsantrag nicht durchkommen würde. Das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit gilt für alle, auch für jene, die aus ihrer Geringschätzung unseres demokratischen Staates keinen Hehl machen – von rechts und links. Verbieten ist keine Lösung und funktioniert auch nicht. In der Vergangenheit gab es in Berlin die schwersten Krawalle auch immer dann, wenn ein Innensenator die radikalen Aufzüge zuvor verboten hatte.

Deshalb muss der Innensenator darauf setzen, dass die Polizei die Lage unter Kontrolle bekommt. Dabei kann Körting, der es mit Augenmaß und Sachkenntnis zum beliebtesten Politiker der Stadt gebracht hat, allerdings nur schlecht aussehen – denn die Randale ist gewiss. Diesmal geht es um ihn, um sein Amt. Ein Debakel wie im vergangenen Jahr, als die Polizei vom Gewaltausbruch der Linksradikalen völlig überrascht wurde, wird Körting politisch nicht überstehen.

Aufgeladen ist der 1. Mai auf allen Seiten. Es gehört zum jährlichen Ritual ebenso dazu, dass Opposition und Polizeigewerkschaft Horrorszenarien von fehlenden Polizisten und schlechter Ausrüstung zeichnen. Am Ende werden auch diesmal fast 6000 Beamte auf der Straße sein. Berechtigt aber ist die Sorge, dass Polizisten verletzt und traumatisiert werden, weil die Politik den Konflikt nicht befrieden kann. Das gilt vor allem für Polizisten aus anderen Bundesländern. Von denen drängt sich keiner zu diesem Einsatz, ohne Ortskenntnis und oft genug mit dem nicht unberechtigten Gefühl, hier bei früheren Einsätzen nicht sonderlich herzlich betreut worden zu sein.

In Kreuzberg haben die Kreuzberger, die es leid waren, dass ihr Kiez Jahr für Jahr verwüstet wurde, es mit dem Myfest jahrelang geschafft, den 1. Mai zu befrieden. Inzwischen ist das Fest an seine Grenzen gestoßen, wie auch das in der Vergangenheit durchaus erfolgreiche Konzept der Deeskalation. Deeskalation funktioniert nur, solange das Gegenüber noch gesprächsbereit ist. Die ausgestreckte Hand der Polizei aber geht längst ins Leere. Hunderte brennender Autos und diverse Sprenganschläge zeigen stattdessen, dass Teile der radikalen Linken inzwischen dem Bombenbau näher stehen als der innerlinken Debatte.

Steigende Mieten, Armut, Finanzkrise und die Nazis – mit diesen Stichworten bastelt sich die radikale Linke ihre Rechtfertigung für Gewalt zusammen. Wenn es am Sonnabend gegen den angemeldeten Neonazi-Aufmarsch geht, dann fühlen sich die autonomen Gewalttäter auf der moralisch richtigen Seite. Auch wenn es zehntausende Berliner wie schon einmal 2005 schaffen sollten, ebenso machtvoll wie friedlich mit einer Blockade den Zug der Nazis zu verhindern, werden sich einige hundert Gewalttäter nicht von ihrer geplanten Straßenschlacht abhalten lassen. Umso wichtiger ist, dass möglichst viele Menschen zeigen, dass sie für einen friedlichen Protest auf die Straße gehen.

Für den Polizeipräsidenten und den Innensenator bleibt deshalb nur, die Kampfansage von links und rechts anzunehmen. Das ist nicht die Zeit für Experimente und Diskussionsbeamte. Massiver Polizeieinsatz, schnellstmögliches Eingreifen gegen Gewalttäter, beweissichere Festnahmen mit Videoeinsatz und harte Strafen sind wohl das einzige Mittel, um den 1. Mai zu befrieden. Das macht Berlin dann künftig möglicherweise auch für auswärtige Krawalltouristen unattraktiv.

Zur Startseite