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Meinung: Berliner Koalition: Aus Mangel an Metropolenlust

Es ist schon bemerkenswert, mit welchem Tempo der künftige rot-rote Berliner Senat arbeitet. Am Donnerstag haben sich SPD und PDS zu ersten Sondierungsgesprächen getroffen.

Es ist schon bemerkenswert, mit welchem Tempo der künftige rot-rote Berliner Senat arbeitet. Am Donnerstag haben sich SPD und PDS zu ersten Sondierungsgesprächen getroffen. Am Freitag wurde Einigung über den Ausbau des Großflughafens erzielt, am Sonnabend über die Olympia-Bewerbung. Wenn die Emissäre in diesem Tempo weitermachen, ist morgen der Tagesordnungspunkt Schlossplatz abgehakt, am Donnerstag die Fusion mit Brandenburg und in einer Woche die Privatisierung der Bankgesellschaft.

Zum Thema Online Spezial: Koalition für Berlin Ted: PDS im Senat - Schlecht für Berlins Image? Leider künden aber die bisher getroffenen Enscheidungen weder von Mut noch von Weitsicht. Der Ausbau von Schönefeld ist um fünf Jahre verschoben, die Olympiabewerbung komplett gestrichen worden. Offensichtlich reicht es bei beiden Parteien nur zur gefälligen Befriedigung tagespolitischer Bedürfnisse der eigenen Klientel. Der Horizont erstreckt sich bis zum Ende der Legislaturperiode. Bei der Olympiabewerbung weiß sich die PDS der ablehnenden Haltung ihrer Wählerschaft sicher. Und die SPD, von der doch alle Führung erwarten, scheint wieder nur zu moderieren. Das hat sie schon bei den Verhandlungen mit den Grünen und der FDP getan. Die Gespräche scheiterten, weil die Vision fehlte. Weil es nur darum ging, was man muss - sparen. Und nicht um das, was man will.

Die alte schwarz-rote Koalition wagte selten den Blick über Zehlendorf hinaus, das rot-rote Bündnis scheint sich an den Bezirksgrenzen von Marzahn und Mitte zu orientieren. Olympia wäre mehr gewesen - das Markenzeichen einer wahren Metropole, Anreiz für Investoren, ein Signal für die folgende Generation. Was hätte denn in eine Berliner Bewerbung investiert werden müssen? Die sportliche Infrastruktur ist fast vollständig vorhanden. Der Umbau des Olympiastadions ist in drei Jahren abgeschlossen, dann steht auch die neue Multifunktionshalle am Ostbahnhof, Max-Schmeling-Halle, Velodrom und Schwimmhalle sind noch von der Bewerbung 2000 übrig. Im Sommer 2006 findet in Berlin das Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft statt. Dazu bewirbt sich die Stadt um die Weltmeisterschaften der Leichtathleten und der Handballspieler. Keine deutsche Stadt ginge mit so guten Voraussetzungen in eine Olympia-Bewerbung. Doch die Politiker trauen sich nicht. Ihnen fehlt der Mut. Und der Blick über den eigenen Stadtteilrand.

Es mangelt in diesem Fall nicht an Geld - nur an Mut und Metropolenlust. Natürlich müsste die Stadt investieren, etwa in ein olympisches Dorf. SPD-Chef Strieder hält das für ein unkalkulierbares Milliardenprojekt - und verschweigt, dass Unterkünfte für die Athleten noch von keinem Olympiabewerber vor einem Zuschlag gebaut wurden. Die übrigen Bewerbungskosten in zweistelliger Millionenhöhe hätten zum Teil private Sponsoren übernommen. Das klingt nicht nach unzumutbaren Belastungen.

Wowereit hat sich darüber beklagt, er habe vom Nationalen Olympischen Komitee nicht das Signal empfangen, dass die Berliner Bewerbung eine nationale Aufgabe sei. "Dann hätten wir es anders gemacht." Ja, welches Signal hat er denn als Regierender Bürgermeister ausgesandt? Das eines Entscheiders, der im Projekt Olympia eine Zukunftschance sieht und die Initiative an sich reißt? Nein. Wowereit hat sich unter dem Zwang des Sparens so verhalten, wie man es von einem Haushälter erwartet. Aber Sparen ist die Voraussetzung aller Berliner Politik, nicht ihr Ziel.

Manche fürchten, Rot-Rot sei moralisch-ideologisch gefährlich. Nun zeichnet sich etwas anderes ab: Diese Koalition wird eher wie Rot-Schwarz minus x. Droht eine Marzahnisierung Berlins?

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