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Berliner SPD: Wowereits Chaostruppe

Man kann sich ja darüber streiten, ob es sozialpolitisch vertretbar ist, dass ein großes Wohnungsunternehmen an die Börse geht. Aber was die Berliner SPD veranstaltet, ist nur noch peinlich.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Man kann sich ja darüber streiten, ob es sozialpolitisch vertretbar ist, dass ein großes Wohnungsunternehmen an die Börse geht. Aber was die Berliner SPD veranstaltet, ist nur noch peinlich. Erst stimmt der Senat, in dem die Sozialdemokraten gut vertreten sind, dem Börsengang der GSW zu. Dann lehnen sich einige SPD-Abgeordnete weit aus dem Fenster und rufen: Nein! Der Schutz zehntausender Mieter sei gefährdet. Mit knapper Mehrheit schließt sich der SPD-Landesvorstand an. Einen Tag später unterstützen die Vertreter der SPD im Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses einstimmig den Börsengang und den Vertrag, den Finanzsenator Ulrich Nußbaum ausgehandelt hat. Dann muss SPD-Chef Michael Müller in einer Sondersitzung seiner Fraktion darum bangen, dass die Genossen dem Senat folgen. Gestern Abend wurden immerhin 14 Abweichler gezählt.

Die Grünen nennen das Wowereits Chaostruppe. Wo sie recht haben, haben sie recht. Auf dem Grat zwischen realpolitischer Einsicht und einer sozialpolitisch verbrämten Symbolpolitik drohte den Sozialdemokraten ein schmerzhafter Absturz. Dagegen sind die Linken zurzeit wohltuend pragmatisch. Sie mögen es auch nicht, dass Mietwohnungen en gros den schwankenden Aktienmärkten ausgeliefert werden. Aber sie sagen sich: 49,9 Prozent kann die GSW auch ohne Zustimmung des Landes Berlin an die Börse bringen, den Rest notfalls auch, wenn die Finanzinvestoren eine Vertragsstrafe von 32 Millionen Euro in Kauf nehmen. Aber dann sind der Mieterschutz, die Sicherung des Firmenstandorts Berlin und andere vertragliche Verpflichtungen weg, die die GSW 2004 eingegangen ist.

Die Linken haben also verstanden, was der parteilose Finanzsenator in wochenlangen Verhandlungen erreicht hat: Eine Absicherung des Status quo, inklusive des Mieterschutzes bis 2014 und 30 Millionen Euro Cash, die der Senat nicht, wie eine Vertragsstrafe, mühsam einklagen muss. Das sollten eigentlich auch Berliner Sozialdemokraten verstehen. Viel früher hätten SPD-Chef Müller und Regierungschef Wowereit offensiv versuchen müssen, ein wenig Weisheit in die Hirne ihrer Genossen zu träufeln. Entweder sind sie führungsschwach – oder machtlos.

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