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Berliner Wohnungsmarkt: Wer sich bewegt, verliert

Der neue Wohnungsmarktbericht zeigt, wie die Mieten die Stadt spalten.

Der neuste Bericht über den Berliner Wohnungsmarkt hat es in sich: Die Mieten in Berlin steigen rasant. Betroffen sind Quartiere in fast allen Bezirken. Das ist neu – und bedrohlich. Denn bald wird sich auch die Mittelschicht fragen, wo sie sich Wohnen noch leisten kann. Viele Familien mit einem oder zwei Kindern leben in Wilmersdorf, in Charlottenburg oder in Schöneberg, zum Beispiel im Bayerischen Viertel. Und da ziehen die Mieten besonders stark an.

Sorgen machen braucht sich nicht, wer dort seit Jahren eine große Vier-Zimmer-Wohnung mietet – den schützt das ausgezeichnete Mietrecht. Wer sich aber verändern muss, weil er Nachwuchs erwartet, der erlebt die ganze Härte des Marktes. Er muss viel tiefer in die Tasche greifen, wenn er eine Wohnung in der gleichen Lage finden will. Denn die drastischen Mieterhöhungen können die Hauseigentümer nur durchsetzen, weil die Nachfrage groß ist. Und weil fast keine neuen Wohnungen gebaut werden.

Es gibt noch eine andere schlechte Nachricht in dem Bericht des Wohnungsverbandes: Milliarden an Förderungen im Berliner Wohnungsbau sind wirkungslos verpufft. Es ist absurd: Sozialwohnungen sind zu teuer für die Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Trotzdem kürzt der Senat die Subventionen weiter oder streicht sie ganz. Dann verlangen die Hauseigentümer so viel, wie der Markt hergibt. In guten Lagen verdrängen deshalb Menschen mit besseren Einkommen Bedürftige aus den Quartieren. In schlechten Lagen stehen Sozialwohnungen leer und werden zu Milliardengräbern.

So werden die Schwächsten zu den ersten Opfern der wachsenden Anspannung am Berliner Wohnungsmarkt: Nun ruft sogar der Wohnungsverband nach höheren Regelsätzen, damit Arbeitslosengeld- empfänger mehr Miete bezahlen können. Klar doch, daran verdienen sie. Vor der Hartz-IV-Reform waren Ein-Zimmer-Wohnungen nicht zu vermieten. Heute sind sie Mangelware.

Aber ist wirklich ganz Berlin von dieser Preisspirale betroffen? Nein, einige Viertel wurden gar von der Stadtflucht erfasst, das Rollberg-Viertel in Neukölln, der Soldiner Kiez in Wedding zum Beispiel. Hier fallen die Mieten. „Aber da ziehen sogar die Migranten weg, zumindest die, die es sich leisten können“, sagen Unternehmer. Diese Viertel entwickeln sich zu den Berliner „Milljöhs“ der Zukunft. Sie werden aber keine Spur mehr von der Sozialromantik in Heinrich Zilles Zeichnungen haben.

Der Bericht über den Wohnungsmarkt erzählt also auch von der wachsenden sozialen und ökonomischen Spaltung dieser Stadt. Wer hier seit längerem wohnt, profitiert noch von alten Pfründen: einer günstigen Miete. Doch wehe dem, der sich als Erster bewegt: der verliert.

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