zum Hauptinhalt
AfD-Chef Bernd Lucke hat in einem Brief an seine Parteimitglieder geschrieben. Lucke will Störer "isolieren" und gegen extremistische Tendenzen vorgehen.

© dpa

Bernd Lucke schlägt Alarm: Die AfD wird ihren Schatten nicht los

In einem Brief an die AfD-Mitglieder hat Bernd Lucke vor Streit, Misstrauen und Fundamentalismus gewarnt. Er hätte die unliebsamen Tendenzen vorhersehen können - oder müssen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

AfD-Chef Bernd Lucke hat offenbar gemerkt, dass der Tiger, den er reiten will, ihn abzuwerfen und zu fressen droht. „Einige Entwicklungen im Inneren der Partei“ geben ihm jedenfalls „Anlass zur Sorge“, und deswegen hat er einen Brief geschrieben an die Mitglieder und Förderer der AfD. Lucke fordert darin, jene Mitglieder zu „isolieren“, die Engagement mit Eiferei verwechselten, und jenen, die Misstrauen säen und Streit befördern, Einhalt zu gebieten. Er warnt vor Fundamentalismus, beklagt Misstrauen, das wie schleichendes Gift in die Partei sickert,  schilt Querulanten und Rechthaber, warnt vor einem Schicksal wie dem der Piraten. Allein die Länge des Schreibens – mehr als drei Seiten – lässt darauf schließen, wie ernst Lucke das Zersetzungspotential in den eigenen Reihen nimmt; er zeichnet das Bild einer sich selbst fressenden Parteimutation, die zu schnell gewachsen ist. Die Kürze allerdings, mit der er die rechtsradikalen Umtriebe in seiner Partei abhandelt, ist ebenso aufschlussreich. Hier reichen ihm fünf Zeilen: „Es ist außerdem meine feste Überzeugung, dass die AfD nicht den Schatten eines Zweifels daran lassen darf, dass politischer Extremismus, Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und religiöse Intoleranz mit dem Gedankengut der AfD als einer demokratischen Rechtsstaatspartei unvereinbar sind.“

Staatsanwälte ermitteln gegen AfD-Mitglieder wegen Volksverhetzung

Dieser Schatten allerdings hat sich längst auf die AfD gelegt, sie hat ihn selbst angelockt mit demagogischen Parolen im Wahlkampf, ja, sie hat sich sogar in diesem Schatten wohlig versteckt, solange er mehr Stimmen als Schlagzeilen brachte. Das hat sich geändert, seit Staatsanwälte gegen AfD-Mitglieder wegen Volksverhetzung ermitteln - wegen Vorfällen, die an der Parteispitze zumindest hätten auffallen können; im Fall von Kandidaturen auch hätten auffallen müssen.

Doch Lucke geht es auch jetzt mehr um die ganz normalen Querulanten, die ihm das Leben erschweren, sie sind ihm die „Dornen“ an der schönen Rose des Erfolgs. „Das rechte Maß“ hätten einige Mitglieder verloren, und was das „rechte Maß“ ist, wird in Luckes Welt immer noch oben, von ihm selbst bestimmt. Was aber rechts das Maß ist, entzieht sich inzwischen Luckes Macht. Er flüchtet sich in ein Pathos, das Züge eines Endkampfes trägt: Bei wohl keiner anderen demokratischen Partei seien die Mitglieder „so opferwillig“. Kann aber gut sein, dass die Mitglieder bald mal ein Opfer haben wollen, und sei es in der eigenen Partei.

Zur Startseite