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Flüchtlinge und Unterstützer führen am 27. Juni 2014 ihren Protest auf dem Dach der Gerhart-Hauptmann-Schule fort.

© dpa

Besetzte Schule in Kreuzberg: Nicht jeden aufnehmen, der an die Tür klopft

Asylbewerber, die sich unauffällig verhalten, werden ausgewiesen – Asylbewerber, die mit Drohungen arbeiten und Gesetze brechen, werden aufgenommen: Sollen so unsere Kriterien für Einwanderer aussehen? Dann gute Nacht.

Ich bin froh darüber, in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung zu leben. Diese Tatsache schützt – meistens – vor Willkür. Wenn mir ein Gesetz nicht passt, zum Beispiel unser Asylrecht, kann ich dafür kämpfen, dass es verändert wird. Faustrecht und Erpressung aber darf man nicht akzeptieren, egal, ob die Erpresser Konzerne sind, Flugzeugentführer oder Asylbewerber. Da bin ich auf der Linie von Helmut Schmidt. Wenn ein Asylbewerber in Kreuzberg auf einem Dach steht und droht, zu springen, falls er kein Bleiberecht bekommt, dann muss alles getan werden, um sein Leben zu retten. Seine Forderung zu erfüllen, wäre Irrsinn. Es wäre auch ungerecht.

Asylbewerber, die sich unauffällig verhalten, werden ausgewiesen – Asylbewerber, die mit Drohungen arbeiten und Gesetze brechen, werden aufgenommen: Sollen so unsere Kriterien für Einwanderer aussehen? Dann gute Nacht.

Es ist Zufall, dass wir in Frieden und Wohlstand leben dürfen

Das Asylrecht gilt für politisch Verfolgte. Es wird auch von Flüchtlingen in Anspruch genommen, die einfach nur Not und Krieg entkommen möchten. Jeder sollte Verständnis für sie haben. Es ist Zufall, dass wir in Frieden und Wohlstand leben dürfen, sie aber nicht. Ich bin für ein großzügiges Asylrecht, weil das ein Gebot der Menschlichkeit ist. Aber wir können nicht jeden aufnehmen, genauso wenig, wie wir alle Kranken der Erde in unseren Krankenhäusern behandeln können. Das Land würde unter der Last zusammenbrechen, davon hätte niemand etwas, auch nicht die Flüchtlinge. Kein Land der Welt nimmt, ohne Rückfragen, ohne Kontrolle, jeden auf, der an seine Tür klopft. Wer so etwas fordert, möge bitte erklären, wie es funktionieren soll.

Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.
Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.

© Thilo Rückeis

Bezirk hat eine klare Linie verfolgt: Feigheit

Bei der Besetzung einer Kreuzberger Schule durch Flüchtlinge hat der Bezirk seit Monaten eine klare Linie verfolgt: Feigheit. Sie wollten nichts tun, was irgendwie angreifbar wäre. Und weil das in diesem Fall nicht möglich ist, man vergewaltigt ja entweder die Gesetze, durch Nachgeben, oder man riskiert Krawalle, durch Räumung, haben sie laviert und falsche Hoffnungen geweckt. Die Zustände eskalierten. Ein Flüchtling wurde von einem anderen Flüchtling erstochen.

Auf „ZEIT online“ findet man den Kommentar eines Berliner Psychiaters. Er arbeitet mit Folteropfern und sieht das Asylrecht kritisch. Er beschreibt die Lage in dem Heim für Behinderte, das direkt neben der Schule liegt. Seit Wochen litten diese Menschen darunter, dass Tag und Nacht Musik dröhnt, fast nonstop. Als einer der Betreuer die Besetzer in der Nacht darum bat, die Musik abzustellen, wurde er als „Nazischwein“ beschimpft.

Der Arzt fragt: „Fühlt sich die grüne Bezirksverwaltung nicht auch diesen Heimbewohnern verpflichtet? Na gut, die machen keinen Krawall, weil sie es nicht können.“

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