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Meinung: Besser nichts riskieren

Von Werner van Bebber

Erst sah es aus wie Wahlkampftaktik. Jetzt wird eine politische Linie daraus: Brandenburg gibt die Idee der Länderfusion auf. Darauf wird es hinauslaufen, wenn der alte und neue Ministerpräsident Matthias Platzeck und der CDULandesvorsitzende Jörg Schönbohm die Volksabstimmung 2006 absagen, bei der die Ländervereinigung für 2009 beschlossen werden sollte. Es wird vermutlich viel von „Bedauern“ und von „neuem Anlauf 2025“ die Rede sein, auch davon, dass die Fusion „nicht durchsetzbar“ gewesen sei. Aber so ist das mit Ideen, die im politischen Raum vor sich hinschweben: Wenn keiner für sie kämpft, werden sie nicht Wirklichkeit.

Dass die Fusion kein Wahlkampfreißer würde, weiß jeder, der mal versucht hat, das trockene Thema wirksam-populistisch zu begründen. Zweierlei sprach in den Augen von Platzeck und Schönbohm dagegen, dies überhaupt zu versuchen: Die aus Umfragen gewonnene Erkenntnis, dass die Wähler sich für die Fusion kaum interessieren, sie vielmehr für ein Bürokratenprojekt halten. Zweitens ist da das Misstrauen der Brandenburger gegenüber den Berliner Schuldenmachern. Niemand in der Mark würde Berliner Politikern die Behauptung glauben, dass durch komplizierte staatsvertragliche Regelungen die Berliner Schulden der kreisfreien Stadt Berlin erhalten blieben.

Auch ohne die Fusion kann man gemeinsame Politik machen. Gerade gestern ratifizierten Vertreter beider Länder einen Staatsvertrag. Er sieht vor, dass Berliner landwirtschaftliche Betriebe vom brandenburgischen Agrarministerium betreut werden. Eine Verwaltungsvereinbarung, ein Randthema – immerhin. Auch bei den Obergerichten einigten sich beide Landesregierungen vor kurzem auf gemeinsame Standorte. Vieles lässt sich so klären. Trotzdem ist es schade um die Fusionsidee: ganz einfach, weil die Ländergrenze zwischen Berlin und Brandenburg widersinnig ist, Relikt eines der hässlichen Kapitel der deutschen Geschichte. Es wäre in schönes Zeichen von Zukunftszugewandtheit und Optimismus gewesen, wenn die Parteifreunde Wowereit und Platzeck – etwa in Richtung Hamburg/Schleswig-Holstein föderalistische Reformpolitik gemacht hätten, nach dem Motto: Seht mal, was im Osten geht.

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