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Schüler im Unterricht.

© dpa

Bildung vs. finanzielle Handlungsfähigkeit: Berlin braucht die meisten Lehrer in Deutschland

Der Bedarf an Lehrern wächst ständig, aber das kostet viel Geld. Deshalb muss die Berliner Politik einen Mittelweg gehen: zwischen der Verantwortung für die Bildung und der für die finanzielle Situation der Stadt.

Berlin ist arm. Und Berlin muss sich mehr Lehrer leisten als alle anderen Bundesländer. Denn die vielen Schüler mit vielfältigen Benachteiligungen brauchen mehr pädagogische Zuwendung als sonst irgendwo im Bund. Diese Zwickmühle ist es, die Berlins Bildungspolitik lähmt und den Berliner Schülern in den vergangenen Monaten immer wieder streikende Lehrer einbrockte.

Denn Berlins Lehrer wissen, dass die Stadt arm ist, aber sie leben nun mal nur einmal und wollen dies nicht schlechter tun als ihre Berufskollegen in Hamburg oder Wiesbaden. Deshalb ziehen es einige von ihnen vor, die arme Spreestadt zu verlassen. Einige? Viele? Das ist die Frage. Und weil diese Frage noch nicht abschließend zu beantworten ist, weiß niemand, ob es klappen kann, die rekordverdächtige Zahl von rund 2000 freien Stellen zu besetzen, die es in diesem Jahr wegen der Pensionierungswelle und zusätzlichen Schülern zu besetzen gilt.

Kommt nun die Lösung aus Bayern, von wo aus aktuell über 600 Referendare in die preußische Wüste oder sonst wohin geschickt werden sollen, weil das Südland sie nicht gebrauchen kann? Wohl kaum. Denn die Lehrer in den Mangelfächern wie Informatik, Physik oder Sonderpädagogik, die Berlin so dringend braucht, werden auch in Bayern Mangelware bleiben. Weshalb Berlin nicht umhinkommt, weiterhin vor der eigenen Tür zu kehren und attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. Womit man wieder bei der Finanzmisere wäre und den Schuldenbergen der Stadt.

Berlin gibt pro Schüler und Jahr 1000 Euro mehr für Personal aus als im Bund üblich

Denn jeder Euro, den Berlin in das Personal steckt, fehlt bei den Investitionen. Das gilt auch und gerade für den Schulbereich: Acht von zehn Euro, die Berlin pro Schüler ausgibt, fließen in das Personal und nur 40 Cent dieser zehn Euro finden sich in Investitionen wieder – halb so viel wie im Bundesschnitt. Anders ausgedrückt. Berlins Schulen verrotten, damit genug Personal da ist. Und Berlins Schüler haben zu wenig Platz, weil Neubauvorhaben immer wieder verschoben wurden. Aber Berlin gibt pro Schüler und Jahr 1000 Euro mehr für Personal aus als im Bund üblich.

Natürlich kann man fordern, dass für beides Geld da sein muss: für noch mehr Personal und für wesentlich mehr Investitionen. Aber angesichts des finanziellen Rahmens kommt Berlin nicht umhin, Prioritäten zu setzen.

Verantwortung für Bildung vs. finanzielle Handlungsfähigkeit

Berlins Lehrer fordern eine feste tarifliche Eingruppierung, damit ihr Einkommen nicht mehr davon abhängt, wie groß gerade der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt ist. Noch ist es so, dass sie eine kündbare Zulage bekommen, die beim Abflauen des Lehrermangels für bestimmte Fächer wieder gestrichen werden könnte. Wenn Berlin sich in Zeiten des Lehrermangels auf eine teure Eingruppierung einlässt, bleibt die Stadt auf diesen Kosten auch dann sitzen, wenn die Lehrer wieder im Überangebot zu haben sind. Solche Zeiten werden kommen, so war es immer.

Der Senat hat also weiterhin die Aufgabe, zwischen der großen Verantwortung für die Bildung und der nicht minder großen Verantwortung für die finanzielle Handlungsfähigkeit zu lavieren. Beides betrifft die Kinder dieser Stadt. Beides ist unverzichtbar.

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